Diabetologie und Stoffwechsel 2014; 9(4): 239-240
DOI: 10.1055/s-0033-1362778
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Referat – Evolocumab bei Hypercholesterinämie

Nikolaus Marx
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Publication Date:
30 October 2014 (online)

Hintergrund: Die Proproteinkonvertase Subtilisin / Kexin Typ 9 (PCSK9) wird vor allem in der Leber synthetisiert und ist an der Regulierung der LDL-Cholesterin-Konzentration im Blut beteiligt: Sie bindet an die LDL-Rezeptoren der Leber und führt damit zu deren Abbau, sodass das zirkulierende LDL-Cholesterin im Serum erhöht wird. Inhibitoren der PCSK9 wären daher von Interesse bei Hypercholesterinämien, und ein vollständig humanisierter monoklonaler Antikörper dagegen, Evolocumab, hat sich in Phase-II-Studien als wirksam erwiesen. Blom et al. stellen nun aktuelle Daten vor.

Methoden: Evolocumab kann in Kombination mit Diät oder einer medikamentösen lipidsenkenden Therapie die LDL-Cholesterin-Konzentration im Serum wirksam senken. Zu diesem Schluss kommen die Wissenschaftler um Dirk Blom mit Unterstützung des Herstellers, die insgesamt 901 Patienten in die randomisierte, multizentrische Phase-III-Studie aufgenommen haben. Einschlusskriterien waren ein Alter zwischen 18 und 75 Jahren, eine LDL-Cholesterin-Konzentration von 75 mg / dl oder mehr und eine Triglyceridkonzentration von maximal 400 mg / dl. In Abhängigkeit von ihrem kardiovaskulären Risikoprofil gemäß National Cholesterol Education Program – Adult Treatment Panel III erfolgte bei allen Teilnehmern zunächst eine offene lipidsenkende Therapie mit alleiniger Diät, Diät plus Atorvastatin 10 mg / Tag, Diät plus Atorvastatin 80 mg / Tag oder Diät plus Atorvastatin 80 mg / Tag plus Ezetimib 10 mg / Tag.

Nach der Run-in-Phase von 4 Wochen diesen Therapien bestand weiterhin eine LDL-Cholesterin-Konzentration über 75 mg / dl unter:

  • alleiniger Diät bei 112 Teilnehmern (Gruppe 1)

  • Diät plus Atorvastatin 10 mg / Tag bei 385 Teilnehmern (Gruppe 2)

  • Diät plus Atorvastatin 80 mg / Tag bei 219 Teilnehmern (Gruppe 3)

  • Diät plus Atorvastatin 80 mg / Tag plus Ezetimib 10 mg / Tag bei 189 Teilnehmern (Gruppe 4)

Die Patienten wurden dann im Verhältnis 2:1 randomisiert und erhielten zusätzlich zu der primären Hintergrundtherapie

  • Evolocumab 420 mg i. v. alle 4 Wochen über 48 Wochen (auswertbar: 74 in Gruppe 1, 254 in Gruppe 2, 145 in Gruppe 3, 126 in Gruppe 4) oder

  • Placebo über 48 Wochen (auswertbar: 37 in Gruppe 1, 129 in Gruppe 2, 73 in Gruppe 3, 63 in Gruppe 4)

Beurteilt wurde als primärer Endpunkt die prozentuale Veränderung der LDL-Cholesterin-Konzentration in Woche 52 gegenüber den Ausgangswerten vor der Randomisierung, sekundäre Endpunkte umfassten weitere Lipidwerte, darüber hinaus wurden unerwünschte Wirkungen beurteilt.

Ergebnisse: Die Auswertung ergab für den primären Endpunkt eine signifikante Verminderung der LDL-Cholesterin-Konzentration gegenüber Placebo insgesamt um 50,9 % (von 104,2 auf 50,9 mg / dl; p < 0,001) und stratifiziert nach der Primärtherapie um

  • 55,7 % (von 111,6 auf 53,5 mg / dl) in Gruppe 1

  • 61,6 % (von 101,3 auf 44,7 mg / dl) in Gruppe 2

  • 56,8 % (von 94,6 auf 49,6 mg / dl) in Gruppe 3

  • 48,5 % (von 116,8 auf 63,9 mg / dl) in Gruppe 4

Ebenso nahmen unter Evolocumab die Konzentrationen von Apolipoprotein B, Lipoprotein (a) und der Triglyceride ab, die des HDL-Cholesterins zu. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse unter Evolocumab gegenüber Placebo umfassten Nasopharyngitis, obere Atemwegsinfektionen, Grippe-ähnliche Symptome und Rückenschmerzen. Neutralisierende Antikörper wurden bei keinem Patienten gefunden.

Folgerung: Die Hemmung der PCSK9 scheint also ein wirksames und sicheres Prinzip zur Senkung der LDL-Cholesterin-Konzentrationen, meinen die Autoren. Sie gestehen dabei aber zu, dass mittlerweile die Leitlinien der American Heart Association bzw. des American College of Cardiology zur Therapie von Hyperlipidämien empfehlen, sich weniger an fixen Cholesteringrenzwerten, sondern eher an den tatsächlich vorhanden kardiovaskulären Risikofaktoren zu orientieren.

Dr. Elke Ruchalla, Trossingen