Z Gastroenterol 2014; 52(8): 799-800
DOI: 10.1055/s-0034-1366693
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prof. Dr. med. Peter Galle

Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten 2014Prof. Dr. med. Peter GalleCongress President of the German Society of Gastroenterology, Digestive and Metabolic Diseases 2014
S. Zeuzem
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Publication Date:
11 August 2014 (online)

Es ist mir eine besondere Freude und eine Ehre, meinen langjährigen Freund, Kollegen und universitären Nachbarn, Herrn Prof. Dr. med. Peter Galle, als diesjährigen Kongresspräsidenten der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten vorzustellen.

Peter Galle wurde am 22.1.1957 in Heidelberg geboren. Noch in seiner Jugendzeit erkrankte sein Vater schwer und verstarb Jahre vor seinem Abitur, welches er 1976 am Kurfürst-Friedrich-Gymnasium in Heidelberg erfolgreich ablegte. Eine außerordentlich patente und kraftvolle Mutter zog ihre beiden Söhne nach dem frühen Tod ihres Mannes alleine auf, forderte und förderte sie mit allen ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Peter Galle studierte von 1978 – 1985 Humanmedizin in Berlin, Marburg, Mannheim und Heidelberg. Als Fulbright-Stipendiat arbeitete er während seines Studiums 1983/84 als Graduate Student am Department of Biochemistry and Molecular Biology an der Texas Medical School in Houston, Texas. Er promovierte mit einer experimentellen Arbeit zum Thema „Induktion von replikativer DNS-Synthese in der primären Rattenleberzellkultur mit Epidermalem Wachstumsfaktor, Cyproteronazetat und portalem Rattenserum“ am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Marburg bei Prof. Dr. R. Schulte-Hermann, der ihn wissenschaftlich stark prägte und ihn schon frühzeitig auf die zellbiologische Bedeutung der Apoptose aufmerksam machte. Nach seiner Approbation als Arzt war Peter Galle von 1986 – 1988 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. H. Schaller, bevor er 1988 seine klinische Weiterbildung in der Abteilung Gastroenterologie bei Prof. Dr. B. Kommerell begann. Ein Jahr bevor Prof. Dr. W. Stremmel Klinikdirektor in der Nachfolge von Prof. Kommerell wurde, schloss Peter Galle seine Weiterbildung zum Internisten ab, habilitierte sich über die „Replikation von Hepatitis B Viren in vitro“ und wurde klinischer Oberarzt. Der Erwerb der Teilgebietsbezeichnung Gastroenterologie rundete 1996, dann schon bei Prof. Stremmel, seine klinische Weiterbildung ab.

Den prestigeträchtigen Thannhauser-Preis der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen erhielt Peter Galle 1997 für Arbeiten auf dem zu dieser Zeit höchst innovativen und kompetitiven Gebiet des CD95 (APO-1/Fas)-Rezeptors und seiner Liganden sowie der Bedeutung derselben bei verschiedenen Lebererkrankungen. Die entsprechenden Originalarbeiten, publiziert im Journal of Experimental Medicine, dem Journal of Clinical Investigation und in Nature Medicine machten ihn international bekannt und sichtbar. Starke Kooperationspartner und Mentoren waren in diesen Jahren Prof. Dr. P. H. Krammer vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), Prof. Dr. H. Schaller am Zentrum für Molekulare Biologie (ZMBH) sowie seine klinische Kollegen Prof. Dr. L. Theilmann, Prof. Dr. G. Otto, Prof. Dr. A. Stiehl und Prof. Dr. W. Stremmel.

Es muss in dieser Zeit gewesen sein, dass Peter Galle mir bei einer Bahnfahrt zurück von einem hepatologischen Kongress in Rotterdam mit fester Überzeugung in einem sachlichen Ton mitteilte, dass wir beide gar nicht daran vorbei kommen könnten, auf Lehrstühle berufen zu werden. Ich erinnere mich noch genau, dass mich dieses Selbstbewusstsein reichlich beeindruckte und ich froh war, dass sonst niemand im Abteil saß. Peter Galle konnte von Dingen einfach sprechen, von denen andere bestenfalls träumten. Seiner freundlich-offenen Einschätzung sollten aber sehr rasch Taten folgen. Er bewarb sich 1997 erstmals um eine C4-Professur und wurde 1998 mit 41 Jahren als Nachfolger von Prof. Dr. Dr. K. H. Meyer zum Büschenfelde Direktor der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

In einer strukturell sehr wohl geordneten Klinik konzentrierte sich Peter Galle in den kommenden Jahren auf den Auf- und Ausbau einer innovativen interventionellen Endoskopie mit dem Schwerpunkt der konfokalen Laser-Endomikroskopie, für den er auch einen Stiftungslehrstuhl erwarb. Zudem war er von 2005 – 2009 Sprecher des Sonderforschungsbereichs 548 „Analyse und Modulation allergischer und autoimmuner Erkrankungen“.

Er wurde in seinem beruflichen Umfeld auch rasch als ein dem Gesamtwohl des Klinikums zugewandter und strategisch denkender Klinikdirektor wahrgenommen. Dies führte bereits 2001 zu einem Aufsichtsratsmandat für das Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität und zu einer im Nebenamt ausgeführten Funktion als Leitender Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Mainzer Klinikums (2005 – 2008). Diese Doppelbelastung reizte seine Arbeits- und Gestaltungskraft voll aus. Peter Galle ist aus seinem Naturell heraus nie ein stiller Verwalter, sondern eine Führungspersönlichkeit, die andere Meinungen anhört, diskutiert und abwägt, dann aber stets eine Linie vorgibt, vertritt und sie auch von anderen einfordert. Seine Kolleginnen und Kollegen schätzen dabei seinen verbindlichen, stets wohl formulierenden, aber ungemein klaren und unzweifelhaften Sprachduktus. Zaudern und Opportunität sind ihm fremd, er agiert mit offenem Visier, seine Aus- und Ansagen sind verlässlich und nachhaltig.

Schon in den Jahren als Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Mainz hat Peter Galle die Idee eines erneuten wissenschaftlichen Auftankens im Rahmen eines Sabbaticals verfolgt und 2008/09 tatsächlich umgesetzt. Als Gastprofessor ging er an die National Institutes of Health nach Bethesda, USA, und forschte dort zusammen mit Dr. Curtis C. Harris und Dr. Snorri Thorgeirsson zur Pathogenese des Hepatozellulären Karzinoms. Dieser Schritt war in vielfältiger Sicht bemerkenswert: die Klinikleitung musste für diese Zeit delegiert werden, die Versorgung der eigenen Patienten, die Koordination der wissenschaftlichen Projekte sowie der Lehre musste auf Mitarbeiter übertragen werden. Das nicht genug, Peter Galle nahm seine Familie mit in die USA, die Kinder besuchten amerikanische Schulen in Washington und er ließ sein Haus in Mainz in seiner Abwesenheit grundlegend umbauen.

Peter Galle ist nicht nur diesjähriger Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten, sondern er hat sich auch in den vorangegangenen Jahren im Beirat und Vorstand unserer Fachgesellschaft, insbesondere für den Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit engagiert und verdient gemacht. Zudem ist er international sehr aktiv, so z. B. seit 2013 (noch bis 2015) als Präsident der International Liver Cancer Association (ILCA) und im Editorial Board zahlreicher internationaler Fachzeitschriften. Seit 2010 ist er zusammen mit Prof. Dr. D. Samuel und Prof. Dr. C. Day Co-Editor des Journal of Hepatology, das in dieser Zeit einen weiteren Zuwachs an internationaler Reputation mit einem Anstieg des Impaktfaktors auf über 10 verbuchte.

Mit Peter Galle verbindet mich seit über einer Dekade eine enge universitäre Nachbarschaft, zunächst für über 6 Jahre an der Universität des Saarlandes in Homburg/Saar und seit 2007 an der Frankfurter Universitätsklinik. Die Liste an wissenschaftlichen Kooperationen, gemeinsamen klinischen Studienprojekten und die Zusammenarbeit bei Fortbildungs- und wissenschaftlichen Veranstaltungen ist lang. Jede Form der Zusammenarbeit war und ist konstruktiv, sach- und zielorientiert, völlig entspannt und stets ohne persönliche Eitelkeiten. Viele Jahre haben wir zusammen mit Prof. Dr. J. Riemann die Jahrestagungen der Gastroenterologischen Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz und Saarland in Bad Kreuznach ausgerichtet und gestalten seit meinem Ruf an die Universitätsklinik Frankfurt weiterhin viele Veranstaltungen in der Rhein-Main-Region gemeinsam. Die harmonische Zusammenarbeit überträgt sich auch auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Kliniken, die ein freundliches und kollegiales Miteinander pflegen.

Bei allem Engagement auf den verschiedensten beruflichen Ebenen – Klinikleitung, Krankenversorgung, Wissenschaft, Lehre, Fachgesellschaften und Kongressen – vergisst Peter Galle nicht, dass es auch Freuden neben bzw. nach der Arbeit gibt. Er ist ein exzellenter Skifahrer, einer der schnellsten Langstrecken- und Marathonläufer unserer Fachgesellschaft, er schätzt moderne Kunst, angenehmes Ambiente, liebt gutes Essen und kennt sich mit den Weinen nicht nur in seiner Region bestens aus. Dass er in den vergangenen Jahren auch noch mit dem Golfspielen angefangen hat, ist bedauerlich. Als guter Freund kann man sich aber hier tolerant zeigen, insbesondere weil er wenigstens nicht viel davon erzählt. Peter Galle ist ein Familienmensch. Seine Frau Monika hat maßgeblichen Anteil an seiner Bodenhaftung, seine Tochter Elena ist bereits auf seinen beruflichen Spuren an der Universität Heidelberg, während sein Sohn Lukas noch ein Jahr Zeit hat, seine berufliche Zukunft zu planen. Die Freiheit erwachsener Kinder verbunden mit der Weisheit, die wiedergewonnene Freiheit nicht mit Haustieren zu gefährden, nutzen Monika und Peter Galle bei gemeinsamen sportlichen und Freizeitaktivitäten, aber auch bei gemeinsamen Kongressbesuchen. In den letzten Jahren musste sich hier Peter Galle aber die Augen reiben, da seine Frau und Kollegin mitunter andere als seine Kongresse bevorzugte und er im Sinne gelebter Gleichberechtigung am Wochenende auch einmal alleine zu Hause blieb. Zuversichtlich bin ich aber in zweierlei Hinsicht für den diesjährigen Jahreskongress: es wird ein exzellenter Jahreskongress mit einem breiten und interessanten Themenspektrum und seine Frau wird an diesem Kongress auch dabei sein.

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Prof. Dr. med. Peter Galle

Stefan Zeuzem

Frankfurt, im Juli 2014