Der Klinikarzt 2014; 43(S 01): 3
DOI: 10.1055/s-0034-1377048
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Update Antikoagulation 2014

Matthias Leschke
,
Johannes Brachmann
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Publication History

Publication Date:
07 May 2014 (online)

Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

anlässlich der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim freuen wir uns, dass wir Ihnen zum dritten Mal ein aktuelles Supplementheft des klinikarzt zur Antikoagulation vorstellen dürfen.

Die Kardiologie ist eine dynamische Disziplin. Es stehen nicht nur im interventionellen Bereich, sondern auch medikamentös neue, innovative Therapieoptionen in der Antikoagulation des nicht-valvulären Vorhofflimmerns, der Thrombose und der Lungenembolie, aber auch in der antithrombotischen Therapie des akuten Koronarsyndroms zur Verfügung. Die Antikoagulation hat sich aufgrund der neuen zur Verfügung stehenden direkten oralen Antikoagulantien (DOAK), neuer Studien und zu erwartender Zulassungen weiterer DOAKs zu einer spannenden Herausforderung entwickelt. Wir müssen uns mit diesen neuen Substanzen, mit ihren aktuellen Studiendaten und pharmakinetischen Unterschieden vor dem Hintergrund der aktuellen Leitlinien auseinandersetzen, wenn wir mit diesem dynamischen Prozess Schritt halten wollen. Obwohl die Leitlinien des ESC zum Management des Vorhofflimmerns Scoresysteme sowohl zur Stratifizierung des thromboembolischen Risikos, als auch des Blutungsrisikos fordern, hat sich aufgrund des GARFIELD-Registers keine qualitativ verbesserte Praxis im Management der Antikoagulation gezeigt. So werden Patienten mit fehlendem thromboembolischen Risiko antikoaguliert, also übertherapiert, wohingegen Patienten mit hohem Risiko nur inadäquat antikoaguliert, also untertherapiert werden.

Erstaunlicherweise werden im Vergleich zu früher auch nicht mehr Patienten mit bestehender Indikation antikoaguliert. So nimmt aufgrund des PINNACLE-Registers der Prozentsatz der mit DOAK behandelten Patienten kontinuierlich zu, jedoch auf Kosten der mit Vitamin-K-Antagonisten behandelten Patienten mit Vorhofflimmern. Die Gesamtzahl der mit Antikoagulantien zu behandelnden Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern bleibt stabil bei 60 %. Diese aktuellen Registerdaten motivieren uns, dieses Update „Antikoagulation 2014“ zusammenzustellen.

Der Beitrag von Mareike Lankeit und Stavros Konstantinides geht auf die Strategien zur Risikostratifizierung und risikoadaptierten Diagnostik und Therapie von Patienten mit akuter Lungenembolie ein. Insbesondere werden aktuelle Daten zur Thrombolyse bei Patienten mit akuter Lungenembolie und einem „intermediären“ Risiko präsentiert.

Uwe Zeymer und Ralf Zahn gehen auf die Problematik der Patienten mit akutem Koronarsyndrom und einem zusätzlichen Vorhofflimmern ein. Die für diese Patienten notwendige orale Antikoagulation mit zusätzlicher dualer Thrombozytenaggregationshemmung mit Acetylsalicylsäure und einem ADP-Rezeptorantagonisten – als Tripletherapie bezeichnet – ist mit einem erhöhten Risiko von Blutungskomplikationen verbunden.

Aufgrund der WOEST-Studie, bei der im Vergleich zur Tripletherapie eine Kombination aus Vitamin-K-Antagonisten und Clopidogrel gewählt wurde, ergibt sich eine deutlich geringere Blutungsrate für die duale Kombination, ohne dass es zu einer Zunahme von Stentthrombosen und kardiovaskulären Ereignissen gekommen ist.

Stefan Schwab und Koautoren gehen auf die Evidenz für den Einsatz der direkten oralen Antikoagulantien in der Sekundärprävention des ischämischen Schlaganfalls ein. Dabei sprechen sie die mögliche Perspektive aufgrund des verbesserten Sicherheitsprofils der DOAKs an, auch Patienten mit zunächst kryptogenen Schlaganfällen zu antikoagulieren. Dieser Hypothese liegt zugrunde, dass ein nicht unerheblicher Anteil der kryptogenen Schlaganfälle möglicherweise durch ein bisher nicht detektiertes paroxysmales Vorhofflimmern bedingt ist.

Daniel Duerschmied aus der Arbeitsgruppe von Christoph Bode diskutiert die Perspektive einer niedrig dosierten Therapie von Rivaroxaban 2 x 2,5 mg zur Behandlung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom. Möglicherweise liegt in dieser niedrigen Dosierung in Kombination mit den neuen ADP-Rezeptorantagonisten eine hochinteressante Option in der Langzeitbehandlung nach durchgemachtem akuten Koronarsyndrom.

Matthias Anz und Koautoren stellen mögliche differentialtherapeutische Aspekte der DOAK zur Prävention von Thromboembolien bei Patienten mit Vorhofflimmern vor. Obwohl keine direkten Studienvergleiche vorliegen, arbeiten sie Kriterien einer Differenzialtherapie aufgrund der aktuellen Studiendaten und der differenten pharmakokinetischen Substanzdaten heraus.

Jai-Wun Park und Johannes Brachmann stellen den interventionellen Verschluss des linken Vorhoffohrs mittels Okkludersystemen als eine gute Alternative zur oralen Antikoagulation bei Vorhofflimmerpatienten vor, bei denen Kontraindikationen für eine Antikoagulation vorliegen, bzw. bei denen Blutungskomplikationen aufgetreten sind. Aufgrund der aktuellen Studiendaten dieser Okkludersysteme handelt es sich um eine hochinteressante Option, die offenbar gegenüber der oralen Antikoagulation ebenbürtig sein dürfte.

Auf häufige Probleme und Fehler im Management der oralen Antikoagulation gehen Matthias Leschke und Hartmut Sauer ein.

Trotz der vielversprechenden Daten zu den DOAK sind noch viele Fragen offen, beispielsweise zur Compliance, zu validierten Notfallstrategien bei Blutungen und welche Kombinationstherapien aus Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmung sich in der Langzeitbehandlung des akuten Koronarsyndroms durchsetzen.

Wir wollen unseren Mitautoren für die Fertigstellung ihrer Beiträge herzlich danken. Wir danken dem Georg Thieme Verlag und der verantwortlichen Redaktion für den Mut und die Bereitschaft, zum dritten Mal ein solches Supplementheft zu dieser spannenden Thematik herauszugeben. Wir wollen Sie als Leser für die Lektüre dieser Beiträge gewinnen und hoffen, dass Sie für Ihre klinische Praxis wertvolle Anregungen und aktuelle Erkenntnisse gewinnen.