JuKiP - Ihr Fachmagazin für Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 2014; 03(03): 141
DOI: 10.1055/s-0034-1378175
BHK
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mitteilungen für die Mitglieder des Bundesverband Häusliche Kinderkrankenpflege e.V.

Mechthild Böll
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Publication Date:
04 June 2014 (online)

Neue Wege für Eltern

Kindertagespflege hat seit dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem ersten Geburtstag, der seit August 2013 besteht, eine neue Bedeutung für Kinder mit schweren und chronischen Erkrankungen bekommen. Kommunen sind verpflichtet, ausreichend Betreuungsplätze in Kita und Kindertagespflege bereitzustellen. Und sie sind in der Pflicht, angemessene Rahmenbedingungen zu schaffen – auch im Sinne der Inklusion – für ALLE Kinder.

Kindertagesbetreuung ist kein Kernthema des BHK. Und doch lohnt es sich, die Möglichkeiten, die diese Betreuungsform auch für Kinder mit schweren Erkrankungen und ihre Eltern bietet, näher zu beleuchten.

Was kommt nach der Häuslichen Krankenpflege?

Der Allgemeinzustand des Kindes ist stabil, die Eltern beherrschen die Versorgung, die häusliche Krankenpflege ist nicht mehr erforderlich. Aber: Viele Elternteile, meist die Mütter, kehren über Jahre nicht in ihren Beruf zurück. Eltern leben mit ihren chronisch kranken Kindern vielfach isoliert. Es ist ausgesprochen schwierig, eine Kita zu finden, die ein Kind mit großem Versorgungsaufwand aufnimmt. Insbesondere, wenn das Kind unter drei Jahren alt ist.

Eine große Chance bietet die Kindertagespflege. Grundsätzlich stellt sie für alle Kinder unter drei Jahren ein optimales Betreuungssetting dar. Für Kinder mit Behinderungen, mit erhöhtem Förderbedarf oder Pflegeaufwand ganz besonders. In kleiner Gruppe, mit überschaubaren Reizen, mit fester Bezugsperson und in häuslicher Umgebung kann die Tagesmutter oder der Tagesvater sehr individuell auf das Kind eingehen.

Das allerdings reicht nicht, um eine hohe Betreuungsqualität sicherzustellen. Einige Kommunen setzen bereits verschiedene Formen der Qualitätssicherung im Sinne der Inklusion um: Berlin, Bremen, mehrere Kommunen in Niedersachsen. In Nordrhein-Westfalen wurden in drei Modellprojekten des Landschaftsverbands Rheinland (Bonn, Essen, Köln) die optimalen Rahmenbedingungen für die Betreuung von besonders förderbedürftigen Kindern unter drei Jahren entwickelt:

  1. Die Tagespflegepersonen benötigen eine spezialisierte Aufbauqualifizierung von mindestens 100 Stunden.

  2. Die Zahl der betreuten Kinder pro Tagesmutter muss um eins reduziert werden.

  3. Die Tagespflegepersonen benötigen einen erhöhten Fördersatz durch die Kommune für den freizuhaltenden Platz und den zusätzlichen Aufwand.

  4. Die Tagespflegepersonen benötigen ausreichende Fachberatung (im Jugendamt und/oder bei freiem Träger) zur Rücksprache und moderierten kollegialen Beratung. Der Schlüssel Fachberatung – vermittelte Kinder sollte bei 1:30 liegen.

  5. Die Fachberatung braucht eine heilpädagogische Ausbildung.

  6. Das Setting „Großtagespflege“ ist zu empfehlen, weil hier bis zu zwei Kinder mit besonderem Förderbedarf betreut werden können und mehrere Tagespflegepersonen zusammenarbeiten.

Sollen nun schwerst chronisch kranke Kinder in Kindertagespflege betreut werden, muss die vermittelnde Fachberatung sehr individuell nach einem passenden Betreuungsplatz suchen. Aber: Die Erfahrungen in den Modellregionen zeigen, dass nichts undenkbar sein darf und vieles geht … Weitere Infos zu den Modellprojekten finden Sie unter www.landesverband-kindertagespflege-nrw.de.

Herzliche Grüße, Mechthild Böll

Info

Tagesmütter oder -väter haben eine mindestens 160 Stunden umfassende Qualifizierung absolviert und erhalten von den kommunalen Jugendämtern eine Pflegeerlaubnis für bis zu fünf Kinder. Zwei Tagespflegepersonen können gemeinsam bis zu neun Kinder gleichzeitig betreuen (sog. Großtagespflege). Die Kommunen finanzieren dies, entsprechend des Gleichstellungsgrundsatzes von Kindertagesstätte und Kindertagespflege – allerdings mit bundesweit sehr unterschiedlichen Fördersätzen. Eltern müssen, je nach Landesrecht, einen i. d. R. einkommensabhängigen Betrag monatlich an die Kommune zahlen. Seit 1.8.2013 gibt es einen gesetzlichen Anspruch (SGB VIII, § 24) auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem ersten Geburtstag bis zum Schuleintritt.


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