neuroreha 2014; 06(03): 99-100
DOI: 10.1055/s-0034-1390231
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

Susanna Freivogel
,
Jan Mehrholz
,
Wolfgang Fries
,
Martin Lotze
,
Starrost Klaus
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Publication Date:
09 September 2014 (online)

Das empfindliche Gehirn – gefangen in der Knochenkapsel

In der Bundesrepublik Deutschland erleiden pro Jahr über 260.000 Personen ein Schädel-Hirn-Trauma. Obwohl es sich dabei meist um leichte Formen handelt, ist das Schädel-Hirn-Trauma die häufigste Todesursache der unter 45-Jährigen. Unabhängig davon können auch leichte Schädel-Hirn-Traumen, die scheinbar folgenlos überlebt werden, im Langzeitverlauf eine erhebliche Gefährdung der sozialen und ökonomischen Situation eines Menschen bedeuten. Akutmedizin und Rehabilitation befinden sich bei Patienten mit Schädel-Hirn-Traumen deshalb im Spannungsfeld zwischen lebensrettender Intensivmedizin auf der einen und therapeutischen und sozialen Maßnahmen zur Integration dieser Patienten in die Gesellschaft auf der anderen Seite.

Wir haben aus diesem Grund für dieses Heft sowohl Beiträge zu Verletzungsmechanismen und zur Akutversorgung als auch zur Therapie motorischer und kognitiver Beeinträchtigungen und zur Langzeitversorgung vorgesehen – wohlwissend, dass wir damit der Komplexität des Themas nur ansatzweise gerecht werden können.

Ein SHT kann sprachliche, motorische und geistige Einschränkungen sowie räumliche Störungen und Sehstörungen oder auch eine Änderung der Persönlichkeit zur Folge haben.

Im ersten Beitrag des Heftes gibt Eckhard Rickels einen Überblick zu Ursachen, Häufigkeit und Schweregrad des Schädel-Hirn-Traumas und führt darin unter anderem auch Zahlen zur Reduktion des Schweregrades des Schädel-Hirn-Traumas durch Fahrradhelme auf. Miriam Ratliff und Andreas W. Unterberg stellen die Versorgung des Schädel-Hirn-Traumas in der Akutphase vor und erläutern anschaulich die Mechanismen der Entstehung und des in der Akutphase so wichtigen Hirndruckmanagements, während Rainer Scheid in seinem Beitrag auf die traumatische axonale Schädigung fokussiert und darlegt, dass es bis jetzt zwar keine sicheren oder allgemein anerkannten klinischen Marker für eine diffuse axonale Schädigung gibt, aber anzunehmen ist, dass diese Patienten unter chronischen kognitiven Funktionseinbußen leiden. Marianne Luther stellt Skalen zu Bewusstseinsveränderung und zur Erfassung von Bewusstsein vor und erwähnt in ihrem Beitrag, dass es ein einzelnes, absolut sicheres, objektives und reproduzierbares Kriterium zur Beurteilung der Bewusstseinslage nicht gibt.

Susanna Freivogel geht in ihrem Beitrag auf Tonuserhöhungen nach Schädel-Hirn-Trauma in der Akut- und Postakutphase ein und betont, dass die unterschiedlichen Formen von Tonuserhöhungen, wie sie nach Schädel-Hirn-Trauma zu beobachten sind, unterschiedliche therapeutische Interventionen bedingen, während Simone Mückel, Katja Rutte und Jan Mehrholz auf therapeutische Ansätze zur Verbesserung der Mobilität, Lokomotion und posturalen Kontrolle beim bewusstseinsklaren Patienten eingehen. Wolfgang Deppe widmet seinen Beitrag Verhaltensauffälligkeiten und therapeutischen Ansätzen bei Patienten nach Schädel-Hirn-Trauma und zeigt die Wichtigkeit des sozialen Umfeldes und der Rahmenbedingungen für die Reintegration dieser Patienten auf. Paul Reuther weist in seinem Beitrag zur postakuten Versorgung und Wiedereingliederung von Menschen mit Schädel-Hirn-Trauma auf die Folgen der oft unterschätzten kognitiven Beeinträchtigungen im Langzeitverlauf auch nach leichtem Schädel-Hirn-Trauma hin und gibt eindrückliche Belege für die dringend notwendige Nachbetreuung dieser Patienten.

Wir hoffen, dass wir mit diesem Heft einige Fragen zu der Behandlung von Patienten nach Schädel-Hirn-Trauma klären können, und wünschen Ihnen eine gewinnbringende Lektüre.

Susanna Freivogel, Jan Mehrholz, Wolfgang Fries, Klaus Starrost und Martin Lotze

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