ergopraxis 2014; 7(10): 48-49
DOI: 10.1055/s-0034-1395202
profession & perspektiven
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Publication Date:
13 October 2014 (online)

Selbsthilfegruppen & Ergotherapie – Zwei Ergotherapeutinnen machen sich für mehr Zusammenarbeit stark

Frau Kehr, Frau Krumbein, warum ist Ihnen das Thema Selbsthilfe so wichtig?

In der Arbeit mit Klienten, aber auch im Studium kommen wir um Themen wie gesellschaftlicher Wandel sowie chronische Erkrankungen nicht herum. Das sind natürlich auch Selbsthilfethemen.

Was bringt es Ergotherapeuten, wenn sie mit Selbsthilfegruppen zusammenarbeiten?

Selbsthilfegruppen ergänzen das professionelle Versorgungssystem. Sie sind eine Verbindung zwischen dem betreffenden Klienten und dem professionellen System. Engagiert sich ein Klient in einer Selbsthilfegruppe, kann sich seine persönliche Sicht auf die Erkrankung bzw. der Umgang damit ver ändern. In der Ergotherapie merken wir zum Beispiel, dass Klienten aktiver am therapeutischen Prozess teilnehmen und reflektierter mit ihrer Erkrankung umgehen. In den Selbsthilfegruppen tauschen sich Gleich gesinnte auch zu therapeutischen Inhalten aus. Das kann die Klienten motivieren, an Bewegungsoder Gesprächsangeboten teilzunehmen. Für Ergotherapeuten ist es daher attraktiv, mit Selbsthilfegruppen zu kooperieren.

Können Selbsthilfegruppen den Behandlungserfolg stabilisieren?

Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass Mitglieder von Selbsthilfegruppen sozial und körperlich aktiver sind. Zum Beispiel berichten Menschen mit rheumatoider Arthritis, dass sie durch Selbsthilfegruppen regelmäßiger an Bewegungsangeboten teilnehmen und so den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen und ihre Lebensqualität verbessern.

Arbeiten Sie auch selbst mit Selbsthilfegruppen zusammen?

Ja. Wir haben zum Beispiel für Selbsthilfegruppen Räumlichkeiten für deren wöchentliche Gesprächstreffen und Bewegungsangebote gestellt. Wir geben auch interessierten Klienten Adressen und Informationen zu regionalen Selbsthilfegruppen heraus und stehen im persönlichen Kontakt mit den Gruppenleitern.

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Friederike Kehr (links) arbeitet in einer Ergotherapiepraxis. Lydia Krumbein ist in einer Rehaklinik tätig. Beide machen derzeit an der HAWK Hildesheim berufsbegleitend ihren Master in Ergotherapie. In ihrer praktischen Arbeit und im Rahmen des Studiums haben sie sich mit Selbsthilfegruppen auseinandergesetzt.
Abb.: privat

Wie finden Ergotherapeuten Selbsthilfegruppen in ihrer Region?

Viele Dachverbände und größere Organisationen sind im Internet vertreten. Beispielsweise www.nakos.de, www.rheuma-liga.de und www.selbsthilfe-interaktiv.de. Über sie lassen sich ganz einfach Ortsgruppen und Anlaufstellen recherchieren.

Außerdem gibt der Deutsche Paritätische Wohlfahrts verband auf seiner Internetseite www.selbsthilfefreundlichkeit.de viele Tipps und Informationen, wie man seine Praxis „selbsthilfefreundlicher“ gestaltet: Zum Beispiel legt man Broschüren zu Selbsthilfegruppen übersichtlich und an einer zentralen Stelle aus. Therapeuten können mit wenig Aufwand regelmäßig auf die Treffen der Gruppen hinweisen. Es empfiehlt sich, einen festen Ansprechpartner in der Praxis zu benennen, der für die Koordination mit den Selbsthilfegruppen zuständig ist. Wichtig ist auch der regel mäßige Erfahrungsaustausch zu Struktur und Arbeitsweise der beiden Kooperationspartner. Das fördert das Vertrauen beider Seiten.