neuroreha 2014; 06(04): 147-148
DOI: 10.1055/s-0034-1396107
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Demenz – Grundlagenwissen und Therapieansätze

Susanna Freivogel
,
Jan Mehrholz
,
Wolfgang Fries
,
Martin Lotze
,
Klaus Starrost
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Publication History

Publication Date:
03 December 2014 (online)

Demographischer Wandel bedeutet nicht nur eine gestiegene Lebenserwartung [3], er bedeutet auch eine zunehmende Zahl an demenziellen Erkrankungen mit einer Inzidenz von derzeit jährlich rund 300.000 Personen, weit überwiegend im Alter von über 65 Jahren. Die Gesamtzahl der Demenzkranken in Deutschland im Jahr 2014 wird auf rund 1,54 Millionen Personen geschätzt [1]. Die Versorgung der Erkrankten stellt nicht nur die Lebenspartner und Familien vor große Probleme, sondern auch die Gesellschaft. Es stellt sich die Frage, wie damit umzugehen ist, welche Versorgungsformen es dafür gibt und welche gegebenenfalls noch zu schaffen sind.

Auch alle in der Neuroreha Tätigen müssen sich mit solchen Fragen auseinandersetzen, da in der rehabilitativen Zielsetzung nicht nur die spezifischen Funktionsstörungen, sondern oft auch die Aspekte einer mehr oder weniger ausgeprägten demenziellen Entwicklung berücksichtigt werden müssen. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) halten in ihren Leitlinien zur Demenz fest, dass spezifische Behandlungsprogramme bei leicht- bis mittelgradig betroffenen Demenzerkrankten ähnliche Therapieerfolge wie bei kognitiv Gesunden bewirken [2]. In dem vorliegenden Heft sollen daher Grundlagenwissen sowie mögliche Therapieformen und nicht zuletzt auch die Perspektive der pflegenden Angehörigen vorgestellt werden:

In ihrer Übersicht geben Thomas Jahn und Katja Werheid zunächst Definitionen, was eine Demenz ist; sie beschreiben, welche Demenzformen es gibt und was deren Ursachen sind. Hinsichtlich der Epidemiologie führen sie auf, wie häufig Demenzen sind, wer erkrankt und wie der Verlauf ist. Nicht zuletzt gehen sie auch der Frage nach, ob und wie man einer Demenz vorbeugen kann. Valentina Tesky und Johannes Pantel befassen sich in ihrem Beitrag mit der Diagnostik und Differenzialdiagnostik demenzieller Erkrankungen. Dabei setzen sie sich mit der Abgrenzung einer Demenz von „normaler Vergesslichkeit“ und vom Konzept der „Leichten Kognitiven Beeinträchtigung“ auseinander und beschreiben das sachgerechte diagnostische Vorgehen.

Dieter Korczak fasst in seinem Review den Stand des Wissens zur Wirksamkeit von Rehabilitation bei Patienten mit der Nebendiagnose Demenz zusammen. Es zeigt sich dabei, dass der Rehabilitationserfolg durch uni- sowie multimodale Therapiemaßnahmen positiv beeinflusst werden kann. Diese Ergebnisse sind von zentraler Bedeutung, denn trotz der Forderung der Fachgesellschaften DGPPN und DGN, dass diagnostische und therapeutische Verfahren eingesetzt werden sollten, werden Demenzkranke in der stationären und ambulanten Altenpflege häufig als körperlich und kognitiv so stark eingeschränkt gesehen, dass sie keine spezifischen Rehabilitationsangebote erhalten.

Der Beitrag von Barbara Romero gibt einen weiten Überblick über die Möglichkeiten von therapeutischen Maßnahmen. Da es keine kausalen Behandlungsmöglichkeiten gibt, den in der Regel fortschreitenden Krankheitsverlauf zum Stillstand zu bringen, wird hier der Begriff „psychosoziale Interventionen“ verwendet. Dieser umfasst psychotherapeutische, ergotherapeutische, neuropsychologische und andere Ansätze, die bei der Behandlung der Folgen von Gehirnschädigungen ihre Anwendung finden. Weiterhin berücksichtigt der Begriff Techniken, die zwar zur Unterstützung der Angehörigen und professionell Betreuenden eingesetzt werden, aber keinen therapeutischen Charakter im engeren Sinne haben. Es geht dabei um kognitive und alltagspraktische Leistungsfähigkeit mit dem Ziel, Alltagskompetenzen zu erhalten und Freizeitgestaltung zu fördern. Als ein spezifisches Verfahren beschreiben Kristina Blümner und Katja Bsdok das Konzept der Validationstherapie.

In einem sehr eindrücklichen Bericht schildert eine pflegende Angehörige, wie die Erkrankung ihr Leben verändert hat, wie sie ihre neue Rolle gefunden hat und wie es ihr gelang, das gemeinsame Leben neu zu ordnen.

Außerhalb des speziellen Themas Demenz haben wir in diesem Heft noch eine Originalarbeit aufgenommen: Christian Köcher untersucht darin Gütekriterien und Praktikabilität motorischer Testverfahren von Entwicklungstests im Säuglings- und Kleinkindalter.

Wir wünschen Ihnen eine anregende, aber auch nachdenkliche Lektüre,
Ihre Herausgeber,
Susanna Freivogel, Jan Mehrholz, Wolfgang Fries, Martin Lotze und Klaus Starrost

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