Z Gastroenterol 2014; 52(12): 1515-1516
DOI: 10.1055/s-0034-1397379
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Sedierung in der Endoskopie – Sachgerechte Anwendung von Propofol

Franz Josef Heil
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Publication Date:
10 December 2014 (online)

Propofol hat sich in den letzten Jahren als Standardmedikation zur Sedierung bei gastroenterologischen Endoskopien bewährt. Üblich ist in den meisten Endoskopieabteilungen und Praxen die intermittierende Bolusapplikation mit Injektion von einzelnen Boli von 20 bis 40 mg Propofol.

Es ist zu vermuten, dass vor allem aus Kostengründen das Aufziehen des Inhaltes von Propofol-Ampullen oder Propofol-Durchstechflaschen auf z. B. 5 oder 10 ml-Einmalspritzen und die Verteilung der einzelnen Spritzen auf verschiedene Patienten in vielen Einrichtungen (Praxen und Krankenhäusern) nicht unüblich ist. Wir weisen darauf hin, dass dieses Vorgehen auch bei Einhaltung von sterilen Bedingungen ein Abweichen von der Fachinformation darstellt.

In allen Fachinformationen zu Propofol (hier: Propofol MCT Fresenius) ist ausgeführt:

„Der Inhalt einer Ampulle oder Durchstechflasche, sowie jeder Spritze oder jedes Infusionssystems, das Propofol MCT Fresenius enthält, ist nur zur einmaligen Anwendung bei einem Patienten bestimmt. Nach Anwendung verbleibende Reste des Inhalts müssen verworfen werden.“

Wichtig ist in diesem Zusammenhang das Urteil des Landgerichts Ellwangen (2 KLs 11 Js 21 209/02) und seine Bestätigung durch den BGH (1 StR 576/07), in dem ein Arzt wegen vorsätzlicher Körperverletzung bei der Anwendung von Propofol zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, weil er es entgegen den Anweisungen in der Fachinformation verwendet hatte.

Der entscheidende Absatz in der BGH-Entscheidung ist:

„Der Angeklagte wusste, dass die von ihm regelmäßig und auch in den vorliegenden Fällen praktizierte Wiederverwendung angebrochener Flaschen mit dem Narkosemittel Propofol den Warnhinweisen des Herstellers widersprach, nach der einschlägigen Fachliteratur sogar zum Tode des Patienten führen konnte, und daher in keiner Weise kunstgerecht, sondern vielmehr sogar mit einer Gefahr für Leib und Leben der Patienten verbunden war. Gleichwohl setzte er sich über die anerkannten Regeln der Heilkunst, die ihm eine Wiederverwendung angebrochener Propofolflaschen untersagte, wissentlich hinweg. Damit wusste er auch, dass seine Narkosen von den jeweils erteilten Einwilligungen nicht gedeckt und damit vorsätzliche Körperverletzungshandlungen waren.“

Juristen kommentieren die Entscheidung so, dass das Hinwegsetzen über die Herstelleranweisungen in der Fachinformation den Tatbestand des Vorsatzes erfüllen und damit eine vorsätzliche Körperverletzung darstellen kann.

Wir raten deshalb dazu, die Anweisungen der Fachinformation eng auszulegen und jede Propfol-Ampulle / Durchstechflasche auch wirklich nur für einen Patienten zu benutzen. Falls das in der Vergangenheit anders gehandhabt wurde, empfehlen wir, die Arbeitsanweisungen zu überarbeiten und das Personal entsprechend anzuweisen.

Es stellt sich die Frage, ob man unter diesen Bedingungen überhaupt 20 ml Propofol-Ampullen (200 mg Propofol) oder 50 ml Propofol-Durchstechflaschen (500 mg Propofol) in der Praxis verwenden sollte. Es erscheint in den meisten Fällen praktikabler und günstiger zu sein, auf 10 ml Ampullen (100 mg Propofol), die bisher nur von einer Firma angeboten werden, als Standard umzustellen. Mögliche Kosteneinsparungen, auch wenn sie von den Kostenträgern wiederholt angemahnt wurden und sogar zu Regressandrohungen durch einzelne Krankenkassen geführt haben, d. h. wirtschaftliche Aspekte, sind auf keinen Fall ein Argument für das Abweichen von den Herstelleranweisungen und damit von den anerkannten Regeln der Heilkunst.

Wir werden die Herstellerfirmen anschreiben und anregen, kostengünstige 10-ml-Ampullen in den Vertrieb zu nehmen. Wir haben außerdem einen Krankenhaushygieniker um ein Gutachten zum korrekten Umgang mit Propofol-Ampullen gebeten. Sollten sich Änderungen ergeben, werden wir darüber informieren.