physiopraxis 2015; 13(03): 64-69
DOI: 10.1055/s-0035-1549255
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Publication Date:
20 March 2015 (online)

Antwort des Monats – Hilft Zimt gegen Ohrwürmer?

Was haben „Atemlos“ von Helene Fischer, „Die kleine Nachtmusik“ von Mozart und „Happy“ von Pharrell Williams gemein? Genau, alle drei haben größtes Ohrwurm-Potenzial. In Windeseile haben sie sich in unserem Kopf festgesetzt und laufen in der Endlosschleife. Aber was macht einen Ohrwurm eigentlich aus und viel wichtiger: Wie wird man ihn wieder los?


Die Musikindustrie weiß längst, welche Faktoren für Ohrwurmpotenzial sorgen: Einfachheit, Wiederholung und Überraschung. Das musikalische Motiv eines Hits, die „Hookline“, besteht oft nur aus drei Tönen. Je häufiger sie sich wiederholt, umso besser verhakt sich die Melodie in unserem Gehirn. Taucht nach mehreren Wiederholungen ein Überraschungsmoment, eine rhythmisch ungewöhnliche Phrase oder eine Variation auf, ist die Komposition perfekt. Denn nur die richtige Mischung aus Vertrautheit und Überraschung macht einen Musiktitel zum Ohrwurm.

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Abb.: ra2 studio/fotolia.com

Was in unserem Kopf passiert, wenn Melodien darin herumgeistern, weiß Ohrwurm- Experte Eckart Altenmüller: „Beim Ohrwurm singt die eine Hirnhälfte der anderen vermutlich etwas vor“, erklärt der Direktor des Instituts für Musikphysiologie und Musikermedizin an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Denn die rechte und linke Gehirnhälfte teilen sich die Verarbeitung und Speicherung von Musik. Über den Balken, die Verbindung zwischen den Gehirnhälften, tauschen sie Informationen aus und regen sich gegenseitig immer wieder an. Das kann zu einer endlosen Rückkoppelung führen.


Bei Menschen, die beispielsweise viel musizieren, ist das auditive Gedächtnis sehr gut geschult, der Balken ist vergrößert und zwischen den Hirnhälften werden mehr Informationen ausgetauscht. Aus diesem Grund sind viele Musiker besonders anfällig für Ohrwürmer.


Meist verschwinden die musikalischen Quälgeister von ganz allein. Versucht man allerdings, sie zu unterdrücken, setzen sie sich erst richtig fest. Englische Forscher von der University of Reading konnten zeigen, dass Probanden, die versuchten, an etwas anderes zu denken, durchschnittlich 20 Minuten länger von ihrem Ohrwurm geplagt waren als Versuchspersonen, die ihn einfach ertrugen.


Am ehesten verschwindet das Gedudel im Kopf, wenn wir uns mit Zimtaroma ablenken – zum Beispiel durch Zimtschnecken, -crêpes oder -sterne. Denn der intensive Geschmack soll angeblich unser Gehirn so beschäftigen, dass wir den Ohrwurm einfach vergessen. Wer keinen Zimt mag, findet bei der Internet Earworm Community (www.earwurm.com/song-in-my-head) weitere, mehr oder weniger hilfreiche Tipps.
giro