Nervenheilkunde 2011; 30(12): 983-986
DOI: 10.1055/s-0038-1628460
Schwabinger Neuro-Seminar
Schattauer GmbH

Ethik und Patientenverfügung

Was ist für die Praxis wichtig?Medical ethics and advanced directivesImportant issues in medical everyday life
G. Scheible
1   Klinik für Kardiologie, Pneumologie und internistische Intensivmedizin, Klinikum Schwabing, Städtisches KlinikumMünchen GmbH
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Publication History

Eingegangen am: 01 July 2011

angenommen am: 31 July 2011

Publication Date:
22 January 2018 (online)

Zusammenfassung

Jede medizinische Maßnahme bedarf einerseits der klaren medizinischen Indikation, welche den individuellen Nutzen dieser Maßnahme berücksichtigt und gleichzeitig der Einwilligung durch den Patienten. Fehlen diese Voraussetzungen, darf eine solche Maßnahme nicht durchgeführt werden, bzw. muss eine Therapie beendet werden, wenn diese Voraussetzungen im Laufe der Behandlung entfallen. Ist der Patient nicht mehr in der Lage, seinen Willen entsprechend zu äußern, kann eine Patientenverfügung oder ein Vorsorgebevollmächtigter helfen, einen individuellen Therapieplan unter Berücksichtigung des Rechtes auf Selbstbestimmung zu erstellen. Die Erweiterung des Betreuungsrechtes 2009 hat den in einer Patientenverfügung geäußerten Willen als verbindlich erklärt, wenn die bezeichnete Behandlungssituation eingetreten ist. Um den Sinn einer Patientenverfügung nicht zu gefährden, ist eine ausreichende Information, Beratung und Dokumentation dringend notwendig. Darüber hinaus muss gewährleistet werden, dass diese Verfügungen zugänglich sind und von den medizinischen Institutionen beachtet werden. Die Patientenverfügung kann somit nur ein Bestandteil des umfassenden Konzeptes einer gesundheitlichen Vorsorgeplanung sein. Eine flächendeckende Struktur, die diese Ziele gewährleisten kann, ist in Deutschland nicht verfügbar. Einfache Maßnahmen können zumindest helfen, dem hohen Wert der Selbstbestimmung auch am Lebensende ausreichend Geltung zu verschaffen und so die Versorgung von Patienten in dieser Phase zu verbessern.

Summary

Every medical procedure needs a clear medical indication, taking into account the individual benefit and the informed consent of the patient. If one of these presuppositions is not fulfilled this procedure must not be performed. Equally an ongoing therapeutic process has to be terminated if one of this presuppositions does not apply anymore in the course of treatment. If the patient is no longer capable of communicating his will, an advanced directive or a letter of attorney facilitates the process of determining individual therapeutic goals and further care with regard to the patients fundamental right for self determination. The recent act concerning advanced directives declared the binding character of such a document. But there remains further need for substantial information, counselling and proper documentation. Further it must be warranted that these advanced directive is available for the medical services and that these directives are obeyed. An advanced directive can therefore be only a single part of a wider concept of advance care planning. At present such a structure is not available in Germany. However simple measures can be undertaken to assure the fulfilling of the patients will and thus improving the care of patients in the final phase of their lives.

 
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