Kinder- und Jugendmedizin 2012; 12(05): 286-293
DOI: 10.1055/s-0038-1629211
Neonatizid
Schattauer GmbH

Risikofaktoren von Neonatizid

Der Einfluss der SchwangerschaftsnegierungPotential predictors in neonaticideThe impact of the circumstances of pregnancy
S. Amon
1   Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Medizinische Universität Wien
2   Fakultät für Psychologie, Universität Wien
,
C. M. Klier
3   Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Wien
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Eingereicht am:11 June 2012

angenommen am:18 June 2012

Publication Date:
31 January 2018 (online)

Zusammenfassung

Das Ziel unserer Studie besteht in der Evaluie-rung der psychosozialen Faktoren von Neonatizid, im Speziellen der Umstände vor der Ge-burt, der Beziehungen der schwangeren Frau-en und der Bewusstheit hinsichtlich der Schwangerschaft im sozialen Umfeld.

Diese Studie ist evidenzbasiert und untersucht alle bekannten Neonatizidfälle in Österreich und Finnland zwischen 1995 und 2005. Diese (n = 28) wurden mithilfe der Todesanzeigen der gerichtsmedizinischen Departments gefunden und anschließend alle verfügbaren Informationen analysiert.

Nur wenige Frauen (17,9 %, 5/28) teilten ihre Schwangerschaft anderen Personen mit und in lediglich einem Fall (1/11) bemerkte die wäh-rend der Geburt in der Wohnung anwesende Person den Geburtsvorgang. Obwohl die meisten Täterinnen (16/28) in einer Partnerschaft lebten, hatten die Partner nur in drei Fällen ein Wissen hinsichtlich der Schwangerschaft. Das Hauptmotiv der Schwangerschaftsnegierung (benannt in 60,8 % der Fälle) war Angst vor dem Verlassenwerden oder vor negativen Reaktionen aus dem sozialen Umfeld. Die Fertilitätsrate unter diesen Frauen war hoch, jedoch hatte die Hälfte der Frauen, die schon Kinder geboren hatten, das Sorgerecht bereits ver-loren.

Bei Neonatizid ist der Mangel an Bewusstheit hinsichtlich der Schwangerschaft bei den Täterinnen ebenso wie bei den Personen im sozialen Umfeld relevanter als jede andere soziale Variable.

Summary

The study evaluates the psychosocial factors of neonaticide, especially the circumstances before delivery, the relationships of the pregnant women, and their social environment's awareness of the women's pregnancy.

This nationwide study was register-based, comprising all known neonaticides in Austria and Finland between 1995 and 2005. Cases (n = 28) were obtained by screening the death certificates from the coroner's departments and by analyzing them along with all further available reports.

Few women (17.9 %, 5/28) admitted their pregnancy to others and in only one case (1/11) realized the delivery. Although most (16/28) offenders lived in a relationship, the partner had knowledge of the pregnancy in only three cases. The main motive for negation of the pregnancy (stated in 60.8 % of cases) was fear of abandonment or negative response from others. The fertility rate among the women was high, but half of those with children had lost custody of them. Neonaticide cases show a tremendous lack of awareness surrounding the offenders` pregnancy as well as the awareness of social environment and these factors are more relevant than any other social variables.