Die Psychiatrie 2009; 6(03): 124-131
DOI: 10.1055/s-0038-1669651
Schwerpunkt
Schattauer GmbH

Möglichkeiten und Grenzen der Sozialkonzepte der Schweizer Spielcasinos

Sind Frühinterventionen möglich?Possibilities and limits of the social concept of swiss casinosAre early interventions possible?
F. Müller-Spahn
1   Universitäre Psychiatrische Kliniken, University of Basel, Schweiz
,
R. Poespodihardjo
1   Universitäre Psychiatrische Kliniken, University of Basel, Schweiz
,
J. Margraf
2   Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie, University of Basel, Schweiz
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Publication Date:
18 September 2018 (online)

Zusammenfassung

In der Schweiz wurde 1993 im Rahmen einer Volksabstimmung eine Verfassungsänderung zur Aufhebung des Spielbankenverbotes beschlossen. Das Eidgenössische Spielbankengesetz wurde dann im April 2000 verabschiedet. Dieses erlaubt lediglich das Glücksspiel in Casinos, außer Lotterien, Sportwetten und Lose und sieht eine Kontrolle durch die Eidgenössische Spielbankenkommission vor. Dieses Gesetz sollte im Wesentlichen ermöglichen, einen sicheren und transparenten Spielbetrieb zu gewährleisten, Kriminalität und Geldwäscherei zu verhindern und sozialschädlichen Auswirkungen des Spielbetriebs vorzubeugen. Deshalb hat der Gesetzgeber die Casinobetreiber zur Ausarbeitung eines Sozialkonzeptes verpflichtet, das in seinem Kern Informationen über die Risiken des Glücksspiels, Maßnahmen zur Früherkennung gefährdeter Spieler sowie über Beratungs- und Betreuungsangebote vorsieht und dessen Umsetzung von einer unabhängigen Fachkommission überwacht wird. Die Schweiz weist mit 19 Casinos bei ca. 7,4 Mio. Einwohnern eine der höchsten Casinodichten der Welt auf. Erste epidemiologische Untersuchungen legen die Vermutung nahe, dass mit der Einführung der Spielcasinos sich die Prävalenzraten für problematisches und pathologisches Spielen nicht grundsätzlich verändert haben. Dies wird u.a. auf ein verändertes Anpassungsverhalten der Spieler, aber auch auf die Wirksamkeit des Sozialkonzeptes zurückgeführt. In dem Beitrag werden die Komponenten dieses weltweit einmaligen Konzeptes dargestellt, aber auch seine Grenzen erläutert. Die frühe Identifizierung gefährdeter Spieler gelingt bei sorgfältiger Umsetzung des Sozialkonzeptes weitgehend. Das Sozialkonzept hat sich insgesamt bewährt.

Summary

The Swiss casino law was passed in April 2002. This allows gambling in casinos only (except lotteries and betting) and provides for control by the Swiss Confederate Casinos Commission. The purpose of this law is to make gambling safer and transparent as well as to prevent delinquency, money laundering and socially negative consequences of gambling. For this reason casino owners were required by law to work out a social concept which at its core contains information about the social risks associated to gambling, early measures to take in the case of endangered gamblers as well as about institutions providing social advice and care. Its implementation is supervised by an independant commission. Switzerland has 19 casinos for a population of 7,4 million inhabitants which is one of the highest casino densities in the world. First epidemiological investigations show that after the opening of the first casinos the prevalence of pathological gambling has essentially remained unchanged. This is attributed to an altered adaption behaviour of the gamblers as well as the effectiveness of the social concept. This contribution describes the components of this approach unique in the world, while also showing its limitations. The early identification of endangered gamblers is possible by carefully implementing the concept of a social plan. Overall, the approach has proven successful in practice.