Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(09): 644
DOI: 10.1055/s-0041-102023
Dossier
Herz und Diabetes
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Herz und Diabetes: Die Zahl der Hochrisikopatienten wächst

Nikolaus Marx
1   Medizinische Klinik I, Kardiologie, Pneumologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin, Uniklinikum Aachen
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Publication Date:
29 April 2015 (online)

Erst in den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Patienten mit Diabetes mellitus ein massiv erhöhtes Risiko haben, eine kardiovaskuläre Erkrankung zu entwickeln. Zu diesem Ergebnis führten epidemiologische Studien: Sie zeigten, dass Patienten mit einem Typ-2-Diabetes in einigen Populationen ein vergleichbar hohes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse haben wie nicht-diabetischen Patienten nach einem ersten Herzinfarkt.

Immer mehr Menschen erkranken an Typ-2-Diabetes – dazu werden sie bei Erstdiagnose zunehmend jünger. Somit stehen wir heute vor einer wachsenden Zahl von Hochrisikopatienten, die wir alle frühzeitig diagnostizieren und adäquat therapieren müssen. Eine schwierige Aufgabe, denn bei Patienten mit Herzerkrankung stellt die blutzuckersenkende Therapie hohe Ansprüche: Bestimmte Substanzen können bei ihnen ungünstige Wirkungen haben.

Lange Zeit wurde der Diabetes mellitus Typ 2 als „Altersdiabetes“ verharmlost. Im Fokus der Therapie – und der damals durchgeführten Studien – stand vor allem die Senkung des Blutzuckerspiegels. Das hat sich geändert: In der Diabetologie gibt es mittlerweile große kardiovaskuläre Outcome-Studien, mit einem Umfang, den man aus großen kardiologischen Studien kennt. Kardiologen und Diabetologen sind dadurch enger zusammengerückt und bemühen sich gemeinsam um das Wohl dieser Patienten. Das zeigen auch die gemeinsamen Leitlinien, die Gründung interdisziplinärer Arbeitsgruppen in den entsprechenden Fachgesellschaften und die Tatsache, dass Kardiologen und Diabetologen dieser Tage gemeinsam große Patientenstudien durchführen.

Das vorliegende DMW Heft mit dem Thema „Herz und Diabetes“ beleuchtet praxisrelevant drei entscheidende Aspekte zu diesem Thema. Der erste Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wie das kardiovaskuläre Risiko bei Patienten mit Diabetes gesenkt werden kann. Hier steht vor allem eine multifaktorielle Therapie mit Lebensstilmodifikation sowie Behandlung von Dyslipidämie, arterieller Hypertonie und Hyperglykämie im Vordergrund.

Der zweite Dossier-Beitrag beschäftigt sich mit den Besonderheiten der blutzuckersenkenden Therapie bei herzkranken Patienten. Im dritten Beitrag steht die Therapie der stabilen Angina pectoris bei Patienten mit Diabetes mellitus im Mittelpunkt – in den Facetten von medikamentöser Therapie, Koronarintervention oder Bypass-OP.

An diesem Dossier sind Diabetologen und Kardiologen als Autoren gemeinsam beteiligt. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ist von großer Bedeutung: Nur gemeinsam können wir der zunehmenden Zahl von Hochrisikopatienten mit Diabetes entgegentreten und die Morbidität und Mortalität bei diesen Patienten reduzieren.