ergopraxis 2015; 8(11/12): 7-9
DOI: 10.1055/s-0041-108728
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Publication Date:
13 November 2015 (online)

Regional Sehr Unterschiedlich – Ergotherapeutische Behandlung von Flüchtlingen

Der Flüchtlingsstrom nach Deutschland reißt nicht ab. Die Menschen brauchen nicht nur eine Unterkunft, sondern müssen auch medizinisch versorgt werden. Nach dem Asyl- Beschleunigungsgesetz, das Ende Oktober 2015 in Kraft getreten ist, können Flüchtlinge eine Gesundheitskarte erhalten. ergopraxis hat beim Deutschen Verband der Ergotherapeuten nachgefragt, was Ergotherapeuten bei der Verordnung beachten müssen.

Sind Flüchtlinge in Deutschland nun automatisch krankenversichert?
Nein, es besteht zumindest aktuell kein Krankenversicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung wie bei Angestellten oder Arbeitslosen. Das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sieht aber natürlich einen Anspruch auf medizinische Versorgung vor, allerdings nur für akute Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Geburt. Ergotherapie wird nicht explizit als Leistung genannt, auch wenn sie nach den Kriterien des Sozialgesetzbuchs indiziert wäre. In § 4 des AsylbLG steht: „Zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzuständen ist die erforderliche ärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren.“

In einigen Bundesländern wie Bremen, Hamburg und ab Januar 2016 auch in Nordrhein- Westfalen erhalten Asylsuchende eine Gesundheitskarte, sodass sich für die Verordnung und Abrechnung hier keine Besonderheiten ergeben dürften.

Was müssen Ergotherapeuten beachten, wenn ein Flüchtling mit einer Verordnung zur Therapie kommt?
Sie müssen beachten, dass eine ergotherapeutische Behandlung ohne Verordnung nicht möglich ist, egal ob diese bezahlt oder ehrenamtlich erbracht wird. Eine Heilbehandlung ist nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung durchführbar oder wenn die Ergotherapeutin eine Ärztin oder Heilpraktikerin ist. Ohne Verordnung dürfen Ergotherapeuten nur präventive Angebote machen.

Verfügt der Patient über eine Gesundheitskarte und auf der vertragsärztlichen Heilmittelverordnung ist als Kostenträger eine gesetzliche Krankenkasse angegeben, dann erfolgt die Behandlung nach den jeweils für diese Krankenkasse gültigen Verträgen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich.

Ist keine gesetzliche Krankenkasse angegeben, muss die Therapeutin sicherstellen, dass die zuständige Behörde die Kosten für die Ergotherapie auch übernimmt. Dazu muss sie eine Genehmigung einholen, und zwar vor Beginn der Behandlung. Spätere Anträge werden in den meisten Fällen abgelehnt.

Wo können Ergotherapeuten sich informieren, wie die medizinische Versorgung von Flüchtlingen in ihrer Region geregelt ist?
Das ist nicht so einfach. Grundsätzlich sind die unteren Verwaltungsbehörden zuständig, also die Kommunalverwaltung vor Ort, hier meist das Sozialamt. Daher lohnt sich ein Blick auf die Homepage der Heimatstadt bzw. Heimatgemeinde. Eventuell bietet aber auch das zuständige Ministerium des jeweiligen Bundeslandes weitere Infos über die Lage. Derzeit ist vieles im Wandel, weitere Bundesländer wollen die Gesundheitskarte einführen, daher ist ein vollständiger bundesweiter Überblick schwierig und schnell überholt.

Die Fragen stellte Elke Oldenburg.