Z Gastroenterol 2016; 54(02): 189-190
DOI: 10.1055/s-0042-102111
Der bng informiert
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bng-Mitglieder-Befragung zur Terminvergabe – Terminvermittlungsstellen zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Hohn Horst
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Publication Date:
15 February 2016 (online)

Alle niedergelassenen Fachärzte bekamen Mitte Dezember 2015 von Ihrer KV die Mitteilung, dass die gesetzlich beschlossenen Terminvergabestellen ab Januar 2016 von den regionalen KVen umgesetzt werden.

Wieso werden Terminvergabestellen eingerichtet?

Fachärzte sehen sich seitens der Politik immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, dass gesetzlich versicherte Patienten zu lange auf Termine warten müssen, wohingegen privat Versichtere umgehend einen Facharzttermin erhielten. Dies führte im Koalitionsvertrag der großen Koalition 2013 zur politischen Forderung, dass sich dies ändern müsse. Der Gesetzgeber hat den Koalitionsvertrag jetzt umgesetzt. Eine zentrale Terminvergabestelle solle regeln, dass ein GKV-Patient innerhalb einer Woche einen Termin beim Facharzt binnen vier Wochen erhält, wenn eine entsprechende Überweisung vorliegt und er sich an die Terminvergabestelle bei der jeweiligen KV wendet. Erhält er keinen Termin beim ambulanten Facharzt, so wird auf Kosten des Facharztbudgets durch die Terminvergabestelle ein Termin mit Behandlung im stationären Bereich gesucht.

Dieses Vorhaben bietet schon einiges an Brisanz! Die Umsetzung wurde der Selbstverwaltung überlassen. Die Rahmenbedingungen dazu wurden größtenteils nicht abgesteckt. Wer darf überhaupt den Dienst in Anspruch nehmen? Wie überprüft die Terminvergabestelle die Validität der Überweisung? Was ist mit auf Wochen bis Monaten planbaren Routineuntersuchungen? Wie erfährt man von freien Terminen in der Klinik? Muss dort ein Facharztstandard gelten?


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Terminvergabe in der gastroenterolgischen Praxis

In der gastroenterologischen Praxis müssen Untersuchungen geplant werden. Es gibt eine definierte Anzahl an Untersuchungen, die sich aus der Arbeitszeit des Arztes und den Untersuchungszeiten ergeben. Niemand möchte eine verkürzte Untersuchungs- oder Aufbereitungszeit auf Kosten der Sicherheit des Patienten und der Qualität der Untersuchung. Die Anzahl der Untersuchungen pro Arzt und Praxis sind begrenzt. Sehr viele Gastroenterologen klagen andererseits darüber, dass Vorstellungs- und Untersuchungstermine ausfallen, weil Patienten unentschuldigt zu vereinbarten Terminen nicht erscheinen.

Wir wollten konkret wissen, wie viele Termine seitens der Patienten versäumt werden und welche zeitlichen Folgen daraus resultieren. Dazu starteten wir eine entsprechende Umfrage unter den bng-Mitgliedern. Von etwa 848 bng-Praxen gaben 560 Rückmeldung. Die Verteilung auf die Bundesländer war repräsentativ. Die Beteiligung an der Umfrage mit über 60 Prozent aller bng-Mitglieder war sehr hoch. Ein Zeichen dafür, dass alle Kollegen / innen sich angesprochen fühlten.


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Versäumte Termine zur Koloskopie-Aufklärung?

Durchschnittlich erscheinen 15 Patienten pro Quartal und Praxis nicht zum vereinbarten Aufklärungstermin zur Koloskopie ( [Abb. 1]). Bei einer Kalkulationszeit von zehn Minuten pro Gespräch fallen in den bng-Praxen über 2100 Stunden Zeit pro Quartal für den Patienten aus. Ein versäumter Koloskopie-Termin, für den i. d. R. zwischen 30 und 45 Minuten geplant wird, ist natürlich viel gravierender ( [Abb. 2]). Dass Patienten überhaupt unentschuldigt nicht zum Koloskopie-Termin erscheinen, ist erstaunlich.

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Abb. 1 bng-Mitgliederbefragung 2015, Quelle: Rudolf Loibl.
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Abb. 2 bng-Mitgliederbefragung 2015, Quelle: Rudolf Loibl.

Trotz erfolgter Aufklärung und Vorbereitung zur Koloskopie kommen durchschnittlich sechs bis zehn Patienten nicht zum vereinbarten Termin. Konkret bedeutet dies: durchschnittlich 6700 Stunden pro Quartal stehen die bng-Ärzte und deren Untersuchungsteam bereit, ohne dass Patienten dem vereinbarten Termin nachkommen. Es wär interessant, die Motivation für das unentschuldigte Fehlen zu einem Koloskopie-Termin zu erfahren. Die meisten Praxen haben jedoch weder die Zeit, noch die Nerven, der Frage nachzugehen oder den finanziellen Verlust in Rechnung zu stellen.

Sehr spannend war die Frage nach den nicht wahrgenommenen Terminen zur Gastroskopie ( [Abb. 3]). Gerade bei dieser Untersuchung kommt es oft zu langen Wartezeiten. Die korrekte Indikationsstellung soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden. Lange Wartezeiten machen jedoch deutlich, dass die Ressource Gastroskopie knapp ist.

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Abb. 3 bng-Mitgliederbefragung 2015, Quelle: Rudolf Loibl.

Das Ergebnis der Befragung zeigt: Durchschnittlich fallen 15 Termine pro Quartal wegen unentschuldigtem Versäumnis seitens des Patienten aus. Dies entspricht einem Zeitbudget von drei bis vier Stunden pro Quartal pro Praxis (über 4000 Stunden in allen bng-Praxen / Quartal). Über die Motivation der Patienten kann nur spekuliert werden: Ist die Wartezeit im Schnitt zu lang, so dass sich das Problem von selbst erledigt hat (und / oder die Indikation nicht sicher war)? Hat der Patient sich in mehreren Praxen Termine geben lassen und den besten ausgesucht, ohne die anderen abzusagen? Wurde der Patient inzwischen anderweitig versorgt?

Zusammengefasst wird deutlich, dass die Knappheit an der Ressource Facharzt auch durch unentschuldigtes Nicht-Erscheinen der Patienten verschärft wird. Alleine durch größere Termintreue von Patienten könnten sich die Wartezeiten beim Gastroenterologen verkürzen. Ob eine gesetzlich vorgegebene Terminvergabestelle der KV die Wartezeit beim Facharzt zu reduzieren vermag und wie diese Institution mit den vielen Alltagsproblemen in der Terminvergabe einer Facharztpraxis umgehen kann, darf gespannt abgewartet werden.


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