Zeitschrift für Phytotherapie 2016; 37(03): 131
DOI: 10.1055/s-0042-104787
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Publication Date:
26 July 2016 (online)

Pflanzliche Antibiotika
Wirksame Alternativen bei Infektionen durch resistente Bakterien, Krankenhauskeime und MRSA

Stephen Harrod Buhner
560 Seiten, mit farbigen Abbildungen
Aschaffenburg: Edition Reuss/Herba Press; 2015
49,80 €, ISBN 978-3-946245-00-1

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Das vorliegende Buch gibt einen Überblick über Arzneipflanzen, die in den verschiedenen Regionen der Welt traditionell zur Behandlung insbesondere bakterieller Infektionen genutzt werden.

Einleitend benennt der Autor die Ursachen der massiv zunehmenden Antibiotikaresistenz wie eine breite Verwendung von antibakteriell wirksamen Produkten, Massentierhaltung, übertriebener Einsatz von Antibiotika in der Medizin und die Gewinnorientiertheit der westlichen industriellen Medizin, die u. a. auf die Isolierung von patentfähigen Monosubstanzen abhebt. Er verweist auch darauf, dass bekanntlich bei der Entwicklung von neuen Antibiotika seit 2012 nahezu ein Stillstand eingetreten ist.

Nach einem Kapitel zur Therapie von Infektionen, die durch besonders häufig vorkommende pathogene Mikroorganismen verursacht werden, mit verschiedenen Arzneipflanzenzubereitungen folgen Kapitel über verschiedene traditionell in allen Teilen der Welt zur Therapie von Infektionen verwendete Arzneipflanzen, die in systemisch, lokal und synergistisch wirksame gegliedert werden. Dabei werden jeweils Erkenntnisse aus Arzneipflanzenmonografien und praxisnahen Schriften mit Ergebnissen aktueller wissenschaftlicher In-vitro- und In-vivo-Studien und klinischer Prüfungen, die allerdings oft über die rein antiinfektiöse Wirkung hinausgehen, kombiniert. Ebenfalls fließen Erkenntnisse zu geografischer Verbreitung und zum Anbau ein, zu verschiedenen Zubereitungen und zur traditionellen Anwendung einschließlich möglicher Kombinationen mit anderen Arzneipflanzen und Warnhinweisen. Interessant ist auch der nachfolgende Abschnitt des Buches, der sich mit immunologisch wirksamen Arzneipflanzen befasst, die dementsprechend ein breiteres Wirkungsspektrum haben. Der Autor empfiehlt zur Therapie vor allem traditionelle Tinkturen und Heißwasserauszüge, wobei deren Quelle trotz eines umfangreichen Bibliographiekapitels fast immer unklar bleibt. Er warnt auch vor Botanicals, bei denen Extrakte häufig mit inadäquaten Anwendungsbereichen vermarktet werden, sowie vor Fehlanwendungen und -bezeichnungen sowie möglichen Interaktionen und weist zudem auf häufige Irrtümer hin. Fertigarzneimittel erwähnt er dagegen nicht. Den Abschluss des Buches bildet ein umfangreiches Praxiskapitel zur Wildsammlung und zur Selbstherstellung von verschiedenen, auch etwas ausgefalleneren Zubereitungen zur äußerlichen und innerlichen Anwendung und zu deren Haltbarkeit.

Das Buch wendet sich, auch hinsichtlich seiner Diktion einschließlich vieler humorvoller Bemerkungen, in erster Linie an nichtärztliche Therapeuten und interessierte Laien. Da bekanntlich vor einer Therapie zunächst die Diagnose gesichert sein muss, ist bei einer Vielzahl von infektiösen Erkrankungen ausschließlich eine Therapie durch einen Arzt, oft sogar ausschließlich durch einen klinisch tätigen Arzt möglich, der jedoch in Deutschland vor allem leitlinienorientiert behandelt und über sonstige Therapieoptionen zumeist unzureichend informiert ist.Ärzte, Apotheker und wissenschaftlich Interessierte können dem Buch nützliche Anregungen entnehmen, da es wertvolle Hinweise auf Arzneipflanzen und deren Zubereitungen bietet, die allerdings oft nur über das Internet beschafft werden können. Das dem Buch beigefügte umfangreiche Bezugsquellenverzeichnis ist hier zwar hilfreich, eine Qualität im Sinne des Deutschen oder Europäischen Arzneibuches ist aber häufig nicht zu erwarten.

Einige weitere Kritikpunkte müssen erwähnt werden: Der Titel des Buches und insbesondere der deutsche Untertitel, der übrigens bei der US-Originalausgabe fehlt, sind vermutlich dem Marketing geschuldet. MRSA gehören bekanntlich zu den resistenten Bakterien und letztere sind zumeist Krankenhauskeime. Auch betont der Autor zwar, dass In-vitro-Ergebnisse nicht in den klinischen Bereich übertragen werden dürfen, greift aber selbst häufiger darauf zurück, was er im Text leider nicht immer deutlich gekennzeichnet hat. Seine grundsätzliche Ablehnung von standardisierten Zubereitungen kann ich zudem nicht nachvollziehen. Das nach den Arzneipflanzen gegliederte umfangreiche Literaturverzeichnis ist gewöhnungsbedürftig, da es die Zuordnung zu den darauf bezogenen Textstellen, insbesondere zu den wissenschaftlichen Untersuchungen, nahezu unmöglich macht. Der Autor stellt sein Wissen zudem vor allem aus einem US-amerikanischen Standpunkt dar, was die Übertragbarkeit in hiesige Verhältnisse teilweise etwas erschwert. Schließlich finden sich auch etliche sachliche Fehler, man sollte das Buch deshalb nicht unkritisch lesen.

Insgesamt wünscht man dem Buch aber eine weite Verbreitung, weil es Anregungen und Hinweise zur Lösung eines großen Problems aufzeigt.