Z Gastroenterol 2016; 54(06): 601
DOI: 10.1055/s-0042-108270
Der bng informiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mehr wäre möglich – Einladungsverfahren pusht Darmkrebsvorsorge

Dietrich Hüppe
,
Leopold Ludwig
Further Information

Publication History

Publication Date:
13 June 2016 (online)

Dieses Ergebnis belegt nun der Hausarztvertrag (HzV) der AOK in Baden-Württemberg, dessen erste Ergebnisse am 28.04.2016 vorgestellt worden sind. 2011 hatten die AOK und die BKK Bosch im Rahmen des HzV ein Einladungsverfahren zur Darmkrebsvorsorge für ihre Versicherten im Alter von 55 bis 85 Jahren eingeführt. Im Vergleich zur Regelversorgung (opportunistische Darmkrebsvorsorge) nahm die Anzahl der Koloskopien in diesem Zeitraum um mehr als 50 Prozent zu. Der Erfolg, schon nach fünf Jahren (!) ist eindrucksvoll. Bei Männern sank die Inzidenz des Darmkrebses von 2009 bis 2014 um 30 Prozent (von 81.7/100 000 um 24.5 auf 56.2/100 000), bei Frauen nahm die Darmkrebsinzidenz von 49.9/100 000 auf 40.3/100 000 (–19.2 %) ab. In der gleichen Zeit sank die Anzahl der an Darmkrebs Erkrankten in der Regelversorgung ohne besondere Beratung und Einladungsverfahren nur um 10.4 Prozent für Männer und 3.6 Prozent für Frauen.

„Wenn wir schon seit fünf Jahren ein bundesweites Einladungsverfahren hätten, dann wäre die Darmkrebshäufigkeit noch viel stärker abgesunken!“

Zu diesem Erfolg trägt auch der jährliche „Darm-Check“ als besondere Kampagne im Rahmen des Selektivvertrages bei. Versicherte werden so für die Vorsorge motiviert. Gleichzeitig werden Termine zur Vorsorge-Koloskopie im Rahmen des AOK-Medi-Gastroenterologenvertrages innerhalb von 14 Tagen garantiert. Die AOK / BKK Bosch bieten seit 2014 auch noch eine weitere Besonderheit an! Eine Vorsorge-Koloskopie ist schon ab 50 Jahren möglich. Die Ergebnisse dieser Innovation sind noch nicht ausgewertet.

Schon 2009 wurde ein Einladungsverfahren durch einen Experten-Workshop im Rahmen des Nationalen Krebsplans empfohlen. Bis 2016 sollte dieses Einladungsverfahren durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) in der Regelversorgung implementiert werden. Wann die Umsetzung tatsächlich erfolgt bleibt abzuwarten! Der HzV von AOK, Medi und bng haben es vorgemacht: Ein Einladungsverfahren zur Senkung der Darmkrebsinzidenz ist effektiv. Wäre ein solches Angebot schon 2011 bundesweit in die Regelversorgung eingeführt worden, dann hätten wir in den letzten fünf Jahren schon tausende von Darmkrebstoten verhindern können. Die Mühlen der bundesweiten Gesundheitspolitik mahlen trotz besseren Wissens langsam. Die AOK / BKK Bosch in Baden-Württemberg zeigen auf, wie es auch anders gehen könnte!