PiD - Psychotherapie im Dialog 2016; 17(03): 14-15
DOI: 10.1055/s-0042-109330
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bindung ist mehr …

Henning Schauenburg
,
Silke Wiegand-Grefe
,
Maria Borcsa
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Publication History

Publication Date:
21 September 2016 (online)

Ein erstaunlicher Siegeszug

Ein eigenes Heft mit dem Titel „Bindung“? Erst einmal ungewöhnlich. Auf der anderen Seite aber vielleicht schon lange überfällig? Denn der Begriff hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten im Feld der Psychotherapie eine Art Siegeszug angetreten, der doch erstaunlich ist. Wie ein großer „Attraktor“ hat er nicht nur die klinische Diskussion in großem Umfang erobert. Auch von der Psychotherapieforschung oder von der biologischen Stressforschung ist er immer stärker rezipiert worden. Im Sommer hat, wie jedes Jahr, das Treffen der Society for Psychotherapy Research stattgefunden, diesmal in Jeru­salem. Wer diese Tagungen seit einigen Jahren beglei­tet, dem ist das Phänomen offensichtlich: Vor 15 Jahren tauchten erste Präsentationen auf, die sich Themen der Bindungsforschung widmeten. Heute haben – gefühlt – etwa 50% aller Vorträge und Poster einen ­Bezug zu „Attachment“. Nicht zuletzt hat die Verbreitung des Begriffes unserem Eindruck nach für eine stärkere „Gesellschaftsfähigkeit“ der Psychotherapie gesorgt. Bindung und das damit zusammenhängende Sicherheitserleben sind eben basale menschliche ­Motive, die eine hohe Verständlichkeit und Integrationskraft haben, ohne dabei klinisch irrelevant zu sein, gerade auch in Zeiten starker zentrifugaler Kräfte in modernen Gesellschaften. So ist Bindung eben auch ein Thema, das gesellschaftliche Werte berührt – vielleicht auch daher die Popularität.