Z Gastroenterol 2016; 54(07): 700-701
DOI: 10.1055/s-0042-110113
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17. Gesprächsforum Gastroenterologische Praxis – Weichenstellungen für die Zukunft des Magen-Darm-Arztes

Holger Böhm
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Publication Date:
19 July 2016 (online)

Rund 160 bng-Mitglieder haben die jährliche zertifizierte bng-Fortbildungsveranstaltung mit anschließender Mitgliederversammlung vom 21.04. bis zum 23.04.2016 in Dresden besucht. Die meisten Referenten haben ihre Präsentationen zur Verfügung gestellt. bng-Mitglieder können sie von der bng-Webseite herunterladen.

Das Vorsymposium am Anreisetag widmete sich den Problemen eines hinreichenden Versicherungsschutzes für Praxis und Praxisbetreiber, der im Schadens- oder Verhinderungsfall eine schnelle und reibungslose Weiterführung bzw. Wiederaufnahme der Patientenversorgung sowie eine zufriedenstellende Schadensregulierung sicherstellt. Der Einblick in die Tücken des Kleingedruckten und der schwammigen Formulierungen hat die anwesenden Kollegen offenkundig beeindruckt und viele motiviert, ihren Versicherungsschutz anhand konkreter Fragestellungen zu überprüfen. Neuwertersatz bedeutet eben beispielsweise nur gleichwertigen Ersatz. Wenn der nicht zu beschaffen ist, muss der Versicherungsnehmer – in der Regel unerwarteterweise und kurzfristig – die Mehrwertdifferenz selber aufbringen. Die Veranstaltung hat nachdrücklich mit Illusionen aufgeräumt und verdeutlicht, wo Lücken zu schließen und welche Fallstricke zu beachten sind.

Berichte von ECCO und EASL

Der Freitag war für die medizinischen Themen reserviert. PD Dr. Bernd Bokemeyer, Sprecher der Fachgruppe CED, gab einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen bei Chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) von der ECCO 2016 in Amsterdam. Er erläuterte Erfahrungen mit dem Switch zu Biosimilars und die damit verbundenen Einschätzungen der Verordner und gab einen Ausblick auf anstehende Neuzulassungen in der CED-Therapie. Darüber hinaus berichtete er über Ergebnisse der jetzt abgeschlossenen CED-Netz-Studie in Schleswig-Holstein, die der bng finanziert hat. Dr. Karl-Georg Simon, Sprecher der Fachgruppe Hepatologie, berichtete von der EASL 2016 in Barcelona. Er betonte die positive Rolle von Statinen in der Behandlung von Lebererkrankungen, insbesondere bei Leberzirrhose und Hepatits B. Für die Hepatitis C-Therapie verwies er vor allem auf die Daten des deutschen Hepatitis C-Registers zu den Wirkungen der verschiedenen Kombinationstherapien bei den unterschiedlichen Genotypen. Außerdem kündigte er die Zulassung neuer Kombipräparate für Hepatitis C und neuer Therapieoptionen für nicht virale Lebererkrankungen an. Abschließend machte er deutlich, dass seiner Einschätzung nach innerhalb der nächsten zehn Jahre Konzepte zur Heilung von Hepatitis B zur Verfügung stehen werden. Die anschließenden Fachvorträge informierten über den Stand von Diagnostik und Therapie der autoimmunen Hepatitis, der Zöliakie und des Oesophaguskarzinoms. Ferner wurden die Empfehlungen zur Sedierung vorgestellt und deren praktische und rechtliche Konsequenzen insbesondere in Bezug auf die ASA III-Klassifikation diskutiert.


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Die Bedeutung des ärztlichen Gesprächs

In seinem Festvortrag lieferte der Internist und Psychotherapeut Prof. Dr. Joachim Bauer aus Freiburg einen biologisch-neurologischen Erklärungsansatz für die Bedeutung des ärztlichen Gesprächs. Vertrauenspersonen wie der Arzt haben nach seiner Darstellung durch ihre Art der Kommunikation Einfluss auf das neurologisch fassbare innere Selbst des Patienten. Bauer verdeutlichte, dass im präfrontalen Cortex mit bildgebenden Verfahren Zentren der Selbstempfindung und der Selbstbeobachtung verortet werden können, zwischen denen Selbststeuerung im Sinne einer Ausbalancierung von Bedürfnissen und Bedürfniskontrolle ausverhandelt wird. Das Ergebnis findet auf direkte oder indirekte Weise Niederschlag in physiologischen Effekten der Genaktivität, der Immunabwehr, der Angst-, Stress- und Schmerzbewältigung sowie diverser Viszeralreaktionen. Eine positive und ausgeglichene Balance begünstigt Selbstfürsorge, die in der Funktion eines „Inneren Arztes“ anhaltendes gesundheitliches Wohlbefinden befördert. „Was Patienten über ihren Körper denken, hat Folgen für das, was im Körper geschieht“, unterstrich Prof. Bauer. Insofern hat der Arzt über die Form seiner Kommunikation etwa von schlechten Prognosen nicht nur Einfluss auf das Selbstgefühl des Patienten, sondern darüber hinaus gehend auch auf seinen körperlichen Zustand und die Art, wie er mit seiner Krankheit zurechtkommt. Das ärztliche Wort habe ebenso die Macht, so Prof. Bauer, den Patienten psychisch und physisch zu stärken wie zu schwächen.


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Die KVen aus Sicht des SpiFa

Den berufspolitischen Teil der Veranstaltung leitete SpiFa-Hauptgeschäftsführer Lars Lindemann mit Überlegungen zu der Frage ein, inwieweit KBV und KVen im Sinne der niedergelassenen Fachärzteschaft politisch effiziente Wirksamkeit entfalten. Dabei betonte er die Notwendigkeit, dass die niedergelassenen Fachärzte die Interessen, die mit ihrem in Europa einmaligen Status als wirtschaftlich selbstständige Unternehmer verbundenen sind, laut und deutlich auf nationaler und europäischer Ebene artikulieren müssen, wenn sie langfristig unbeschadet weiter existieren wollen. Er warnte zugleich vor der Gefahr, die Durchschlagskraft normierender Regelungen auf EU-Ebene für den deutschen Facharztstatus zu unterschätzen. Er sieht nicht, dass die berufspolitischen Interessen der Fachärzte von der KBV adäquat vertreten werden und plädierte für eine starke und organisierte gemeinsame Interessenvertretung der fachärztlichen Berufsverbände unter dem Dach des SpiFa, die den politischen Entwicklungen mit einer Stimme entgegentritt. Nichtsdestotrotz hat die Kassenärztliche Vereinigung eine anhaltende Bedeutung insbesondere auf Landesebene. Bei den anstehenden Wahlen auf KV-Ebene ist es absolut notwendig sich mit einzubinden, entweder als Mandatsträger aber zumindest als Wähler. Ein Ignorieren der Wahlen führt nicht zur Stärkung der Facharztvertretung.


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Bericht zur Lage

In seinem Bericht zur Lage unterstrich der Verbandsvorsitzende Dr. Franz Josef Heil, dass der bng genau diesen Weg vorantreiben will. In seiner Erläuterung der Honorarentwicklung der Gastroenterologen – die von einer zunehmenden Überbewertung des faktisch schwindenden Hausarztsektors und einer „stillen“ Umverteilung durch gedrosselte Steigerungsraten beeinträchtigt wird – benannte er eine der vielen Baustellen, an denen sich niedergelassene Gastroenterologen von der KBV nicht vertreten sehen. Kontrovers diskutiert wurden Überlegungen, im Schnittstellenbereich von ambulanter und stationärer Versorgung mehr politischen Einfluss zu gewinnen, indem der Bundesverband Gastroenterologie Deutschland (BVGD) als gemeinsame politische Plattform niedergelassener und klinisch tätiger Ärzte aufgewertet wird. Einerseits wurde auf die Chancen und die Notwendigkeit der sektorübergreifenden Zusammenarbeit auch in der Gesundheitspolitik hingewiesen, andererseits wurden auch Bedenken artikuliert, dass die politische Kraft des bng durch eine Stärkung des BVGD eingeschränkt werden könnte. Die Mitgliedsversammlung hat deshalb beschlossen, dass der bng aktiv daran mitarbeiten wird, die Positionen der niedergelassenen Magen-Darm-Ärzte in die Weiterentwicklung des BVGD einzubringen, sich aber organisatorisch zunächst noch nicht stärker engagieren soll als bisher.


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Versorgungslandschaften

Dr. Albert Beyer, Vizevorsitzender des bng, stellte die jüngsten bundesweit relevanten Initiativen zur sektor- und disziplinenübergreifenden Patientenversorgung vor, die bereits soweit gediehen sind, dass Vertragsverhandlungen mit den Kostenträgern angelaufen sind. Namentlich geht es um die „Versorgungslandschaft Onkologie“ zur frühzeitigen Erfassung und adäquaten Versorgung von familiären Darmkrebsrisiken sowie die „Versorgungslandschaft Gastroenterologie“ zur Etablierung eines dreistufigen Modells zur adäquaten Versorgung von CED-Patienten. Beide Projekte sind unter Beteiligung verschiedener Berufsverbände auf den Weg gebracht worden. Sie definieren eindeutige Versorgungspfade, Zuständigkeiten und Honorierungsregelungen.


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Satzungsänderung

Nach kontroverser Diskussion angenommen wurde eine Satzungsänderung, die angestellten Ärzten aus von Krankenhäusern ganz oder mehrheitlich betriebenen MVZ künftig die Möglichkeit einer eingeschränkten Mitgliedschaft ohne Stimmrecht im bng eröffnet. Ziel ist es, diese Kollegen an die ambulante Versorgung zu binden und ihnen Wege in die Freiberuflichkeit aufzuzeigen und zu erleichtern. Abschließend erläuterte bng-Verbandsmanager Rudolf Loibl die neue Partnerschaftsvereinbarung von bng und Gastro-Liga, die es künftig erlaubt, die hochwertigen Informationsmaterialien der Gastro-Liga mit bng-Label im Zusammenhang mit bng-Aktivitäten und -Initiativen zu verwenden. Damit einher geht eine Beitragsvergünstigung bei Doppelmitgliedschaft, die von der Mitgliederversammlung verabschiedet worden ist.

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Brückenschläge und Weichenstellungen auf der gut besuchten Tagung in Dresden.

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