Gesundheitswesen 2018; 80(05): 458-462
DOI: 10.1055/s-0042-121599
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nutzen und Nachhaltigkeit von Netzwerken zur betrieblichen Gesundheitsförderung in kleinen und mittleren Unternehmen – Am Beispiel der KMU-Netzwerke „Bewegte Unternehmen“ und „Vitale Unternehmen“

Benefit and Sustainability of Networks for workplace Health Promotion in SME Examined at the SME Networks “Bewegte Unternehmen” and “Vitale Unternehmen”
Eva Müller
1   Arbeitsgruppe BGM, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
,
Wolfgang Fischmann
1   Arbeitsgruppe BGM, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
,
Rudolf Kötter
2   Direktor, Zentralinstitut für Angewandte Ethik und Wissenschaftskommunikation, Erlangen
,
Hans Drexler
3   Institutsleiter, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Erlangen
,
Johannes Kiesel
1   Arbeitsgruppe BGM, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
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Publication Date:
15 May 2017 (online)

Zusammenfassung

Ziel der Studie Über Experteninterviews und qualitativer Inhaltsanalyse wird ermittelt, inwieweit 2 regionale Netzwerke kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) zur betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) in Bayern nachhaltig sind. Es wurde dabei untersucht, ob sich 10 bzw. 6 Jahre nach deren Gründung eine dauerhafte und stabile Kultur der Zusammenarbeit entwickelt hat. Zusätzlich wurde untersucht, welchen Nutzen die Unternehmen aus der Netzwerkzusammenarbeit ziehen und ermittelt, welche Verbesserungsbedarfe und -vorschläge die Mitglieder für die zukünftige Zusammenarbeit sehen.

Methodik Die vorliegende Querschnittsstudie untersucht 2 regionale KMU-Netzwerke zur BGF, die im Jahr 2005, bzw. 2009 gegründet wurden. Im Zeitraum September 2013 bis Januar 2014 wurden 42 standardisierte Telefoninterviews mit jeweils 6 offenen Fragen durchgeführt. Befragt wurden die Unternehmensleitungen und nach Möglichkeit auch die BGF-Beauftragten in den Unternehmen.

Ergebnisse Die Studienergebnisse zeigen, dass 88,1% (n=37) der Unternehmen des Netzwerkes vom Erfahrungsaustausch profitieren. 50% (n=21) ziehen einen Nutzen aus der Netzwerkarbeit durch die gemeinsamen Aktivitäten und 28,6% (n=12) durch das Knüpfen neuer Kontakte. 9,5% (n=4) der Befragten sehen die Gefahr einer Überbürokratisierung, im Zuge derer zu viel Arbeit für zu wenig Nutzen entstehen könnte und für 7,1% (n=3) fehlen auch strukturumfassende Maßnahmen. An Verbesserungsvorschlägen für die Netzwerkarbeit wurde mit 26,2% (n=11) der Vorschlag genannt, das praktische Arbeiten zu steigern, gefolgt von dem Wunsch nach einem verstärktem Engagement (11,9% n=5). 90,5% (n=38), sehen ihre Erwartungen bezüglich der Netzwerkarbeit als erfüllt an und 66,7% (n=28) beurteilen die momentane Arbeit als durchweg positiv.

Schlussfolgerung Die Netzwerke haben sich als nachhaltig erwiesen, was man daran erkennt, dass die Unternehmen 10 bzw. 6 Jahre nach der Gründung noch aktiv in den Netzwerken sind und mehrheitlich angeben, einen Nutzen aus der Mitarbeit zu ziehen. Netzwerkgründungen bieten somit eine gute Möglichkeit, dauerhaft BGF zu implementieren. Um die Wirkung der Netzwerkarbeit zu verbessern, wäre eine systematische und wissenschaftlich fundierte Form der betrieblichen Gesundheitsförderung in Form eines betrieblichen Gesundheitsmanagements in den Betrieben anzustreben – die Netzwerke könnten hierzu Anregungen und Hilfestellungen anbieten.

Abstract

Purpose The purpose of the study was to analyze if 2 regional networks of small and medium enterprises (SME) for workplace health promotion are sustainable, and to find out the motivation of the enterprises to join the network. It was also examined if there is a stable culture of cooperation 6 –10 years after the founding of the network. Additionally, the study checked the current work and suggestions for improvement to the network structure, so that in the future, promotion of workplace health can be further improved.

Method 2 regional networks, founded in 2005 and 2009, were studied. Standardized telephone interviews carried out between September 2013 and January 2014 enabled data collection for this cross-sectional study. 42 interviews with 6 open questions were organized with the managers of the companies or the person responsible for workplace health promotion.

Results The results of the study show that 88.1% (n=37) of the network company members profited from the exchange of experiences. 50.0% (n=21) benefited from shared activities and 28.6% (n=12) from making new contacts. 9.5% (n=4) of the respondents expressed concerns about excessive bureaucracy resulting in too much effort for too little benefit and 7.1% (n=3) were also missing comprehensive structural measures. Suggestions for improvement were enhancement of practical work (26.2%, n=11) and the wish for stronger commitment (11.9%, n=5). 90.5% (n=38) considered their expectations as fulfilled and 66.7% (n=28) evaluated the current work as being quite positive.

Conclusion The networks have turned out to be sustainable, proven by the fact that the companies still are members of the networks for 6 and 10 years, respectively and are still satisfied with the network. The study shows that the majority of the members profits from the membership of these regional networks. Networks can help them to implement permanent workplace health promotion. To further improve the work of the network, a systematic and scientific workplace health promotion scheme is recommended.

 
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