Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 599-604
DOI: 10.1055/s-0043-101513
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Medizinische Versorgung von Flüchtlingen: Chancen und Herausforderungen in Hamburg – ein Praxisbericht

Health Care for Refugees: Challenges and Opportunities in Hamburg
Elke Jakubowski
1   Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
,
Cornelius Rau
2   Altonaer Kinderkrankenhaus, Hamburg
,
Sibylle Quellhorst
3   Fachamt Gesundheit, Bezirksamt Altona, Hamburg
,
Peter Sothmann
4   Sektion Infektiologie und Tropenmedizin, I. Medizinische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
,
Anita Plenge-Bönig
5   Freie und Hansestadt Hamburg, Institut für Hygiene und Umwelt, Infektionsepidemiologisches Landeszentrum, Hamburg
,
Johannes Niessen
3   Fachamt Gesundheit, Bezirksamt Altona, Hamburg
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Publication History

Publication Date:
14 June 2017 (online)

Zusammenfassung

Die stark gestiegenen Zahlen von Menschen auf der Flucht stellen insbesondere deutsche Großstädte vor Herausforderungen. Im Jahr 2015 meldeten sich in Hamburg 40 868 Schutzsuchende, von denen 22 315 aufgenommen wurden. Ziel der medizinischen Grundversorgung ist es, auf die besonderen gesundheitlichen Risiken und Bedürfnisse der Asylsuchenden einzugehen und gleichzeitig einen möglichst raschen Übergang in das Regelsystem zu ermöglichen. Öffentliche Stellen, Hilfsorganisationen und die Zivilgesellschaft arbeiten dazu Hand in Hand. In allen Hamburger Erstaufnahmeeinrichtungen werden von Übersetzern begleitete medizinische Sprechstunden in voll ausgestatteten Arztpraxiscontainern angeboten. Pro 1 000 Asylsuchenden stehen ein Arzt und eine medizinische Assistenzkraft vollzeitig zur Verfügung. Neben Honorarkräften beteiligen sich auch Mitarbeiter vertraglich eingebundener Krankenhäuser an der Versorgung. Die systematische Erhebung von Daten über den Gesundheitszustand der Asylsuchenden sowie die Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sind Schlüsselfaktoren, um die Versorgung zukünftig zu planen und zu verbessern. Die Schaffung eines gesünderen Lebensumfeldes und der Zugang zum medizinischen Regelsystem bieten die Chance, eine erfolgreiche Integration der Asylsuchenden in die Gesellschaft zu unterstützen.

Abstract

The massive increase in the number of refugees represents a great challenge to German cities. In Hamburg, 40 868 asylum seekers were registered in 2015, of which 22 315 remained in the city. The goal of the health administration is to provide primary medical care in response to specific health risks and needs of refugees while allowing them to be swiftly integrated into the standard health care system. Public authorities, charities and civil society are working hand in hand. In all reception centres in Hamburg, medical consultations with translation services are offered in fully equipped medical container practices. For every 1 000 refugees, a full-time doctor and a medical assistant are available. In addition to contractual staff, employees of contractually integrated hospitals are participating in the provision of medical care. Systematic collection of data on the health condition of the refugees as well as strengthening public health services are key factors in the planning and improvement of services in the future. Healthier living conditions and access to the standard health care system provide an opportunity to facilitate successful integration of refugees into society.

 
  • Literatur

  • 1 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Asylgeschäftsstatistik für den Monat Dezember 2015. Im Internet http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/201512- statistik-anlage-asyl-geschaeftsbericht.html?nn = 1694460; Stand: 01.04.2017
  • 2 Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration. Daten zur Zuwanderung. Im Internet http://www.hamburg.de/fluechtlingedaten-fakten/Stand: 01.04.2017
  • 3 Razum O, Bunte A, Gilsdorf A. et al. Gesundheitsversorgung von Geflüchteten: Zu gesicherten Daten kommen. Dtsch Arztebl 2016; 113: A-130-A-133
  • 4 Tinnemann P, Gundlach F, Nitschke H. et al. Medizinische Versorgung von Flüchtlingen durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst: Allzeit bereit – nur wie lange noch?. Gesundheitswesen 2016; 78: 195-199