Gesundheitswesen 2018; 80(S 02): S57-S63
DOI: 10.1055/s-0043-104695
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Altersbilder in Magazinen des Gesundheitswesens

Images of Ageing in Health Care Magazines of the Public Health System
Ilse Hartmann-Tews
1   Deutsche Sporthochschule Koln, Insitut für Soziologie und Genderforschung, Köln
,
Theresa Hoppe
1   Deutsche Sporthochschule Koln, Insitut für Soziologie und Genderforschung, Köln
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Publication Date:
18 May 2017 (online)

Zusammenfassung

Ziel der Studie ist es, die Deutungsmuster zur gesundheitsbezogenen somatischen Kultur im Alter im Rahmen der Kommunikation im Gesundheitswesen zu analysieren. Bisherige Studien zeigen, dass die zugrundeliegenden Alterskonzepte eher defizit- als ressourcenorientiert sind und Themen wie die Prävention und Gesundheitsförderung im Alter einen eher marginalen Stellenwert erhalten.

Methodik Mittels Inhaltsanalyse wurden alle altersrelevanten redaktionellen Beiträge (n=146) aus Mitgliedermagazinen von 4 Krankenkassen (AOK, Barmer, Gothaer, DKV) und 2 Gesundheitsmagazinen des Apothekenverbandes (Apotheken Umschau, Senioren Ratgeber) aus den Jahren 2012 und 2013 sowie die sie begleitenden Bilder (n=218) analysiert.

Ergebnisse In allen Zeitschriften nimmt Krankheit als Hauptthema der Artikel die prominenteste Stellung ein (insg. 36,3%), gefolgt von Aspekten der unmittelbaren Gesundheitsvorsorge und Krankheitsfrüherkennung, wobei dabei deutliche Unterschiede zwischen den Magazingruppen auftreten. Überwiegend wird in den Beiträgen eine eher negative Sichtweise in Bezug auf somatische Aspekte des Alter(n)s eingenommen, insbesondere bei der Thematisierung der Dimension Gesundheit und dem Erscheinungsbild der Älteren. Im Vergleich zu der stark negativ geprägten Sichtweise und Thematisierung altersbedingter Mängel im Text, ist die Darstellung der älteren Personen auf den Bildern wesentlich positiver und kaum defizitorientiert.

Schlussfolgerung Im Hinblick auf die Aufgabe der Krankenkassen, die gesundheitliche Eigenkompetenz ihrer Versicherten zu verbessern, zeigen die vorliegenden Befunde Potenzial zur Optimierung, da ein ressourcenorientiertes Altersbild ein gesundheits- und bewegungsorientiertes Verhalten der älteren Menschen unterstützen kann und die Krankenkassen davon langfristig profitieren könnten. Innerhalb der beiden Apotheken-Magazine wird zwar ein wesentlich heterogeneres Bild von Alter(n) entworfen, das jedoch auch stark mit Marketinginteressen der Pharmaindustrie in Zusammenhang steht.

Abstract

Objectives Collective images of ageing influence attitudes towards ageing and health- related activities. The aim of this study was to explore images of ageing and old age in magazines published by public health institutions, namely health insurance companies and pharmacies.

Design A standardized content analysis was conducted covering age-related articles (n=146) and accompanying photographs (n=218) of public health institutions. The stock of material comprises age-related articles of all magazines published 2012–2013 of 2 public health insurance companies (Allgemeine Ortskrankenkasse: ”Bleib gesund”, Barmer Ersatzkasse: “Gesundheit konkret”), 2 private health insurance companies (Gothaer Versicherung: “Gothaer magazin”, Deutsche Krankenversicherung: “DKV impulse”) and 2 consumer magazines of pharmacies (“Apothekenumschau”,”Senioren Ratgeber”).

Results Illness turns out to be the most often focused main theme and key issue of age-related articles. With reference to the central dimensions of somatic culture – health, body-centered performance and appearance – most of the articles focus on deficits of old age, in particular illness and decrease of performance, and thus communicate a negative image of ageing. The visual presentation of elderly people is much more positive. There are various differences in the communication of images of ageing between the 2 types of magazines, with the consumer magazines of the pharmacy covering a broader spectrum of topics, referring more often to a healthy lifestyle and prevention and communicating a more multifaceted image of old age and ageing in comparison to the membership magazines of health insurance companies.

Conclusion Institutions of public health have many duties and responsibilities. One of these is to strengthen health competencies and locus of control of the population – in our case – elderly people. As images of ageing influence attitudes towards ageing and health-related activities, it seems to be sensible and of good economic sense to communicate a resource-oriented and positive image of ageing. Against the backdrop of the results of the study, there seems to be a potential to optimize age-related communication strategies of public health institutions in the magazines.

 
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