JuKiP - Ihr Fachmagazin für Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 2017; 06(03): 125
DOI: 10.1055/s-0043-105406
BHK
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mitteilungen für die Mitglieder des Bundesverband Häusliche Kinderkrankenpflege e. V.

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Publication Date:
06 June 2017 (online)

Vergütungsverhandlungen mit den Krankenkassen – Ein Erfahrungsbericht

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Lange Jahre war es im Bereich der häuslichen Kinderkrankenpflege so, dass die Preise für die außerklinische Intensivpflege mit den Kostenträgern am Einzelfall orientiert und nur „auf Zuruf“ vereinbart wurden. Förmliche Verhandlungen über die Preise waren eher die Ausnahme. Seit einigen Jahren fordern die Kassen häufig formelle Verhandlungen. Pflegedienste sind aufgerufen Kalkulationen einzureichen. Dazu informiert Dr. Benjamin Liedy, Fachanwalt für Medizinrecht, VOELKER & Partner mbB, Reutlingen:

Für solche Verhandlungen sieht die Rechtsprechung vor, dass in einem ersten Schritt die Pflegedienste ihre Kosten für die Leistungserbringung darlegen müssen. Dies sind nicht nur die aufgelaufenen Kosten bis zum Stichtag, sondern die prognostisch in der kommenden Laufzeit des Vergütungsvertrags anfallenden Kosten (sogenannte prospektive Gestehungskosten). Diese Zahlen müssen dann plausibel dargelegt werden. In einem zweiten Schritt wird dann geprüft, was andere Pflegedienste als Vergütung fordern (sogenannter externer Vergleich).

Plausibel macht man die Ausgaben am besten mit Auszügen aus der Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens. Idealerweise sind diese schon nach den entsprechenden Leistungsbereichen (SGB V/SGB XI/Andere) aufgetrennt. Sollte dies nicht der Fall sein, muss man die Kosten mit geeigneten Nachweisen aufteilen, etwa indem man in Lohnjournalen die Mitarbeitenden nach Leistungsbereichen kennzeichnet. Einnahmen oder sonstige Positionen aus der Gewinn- und Verlustrechnung, die nichts mit den Pflegekosten zu tun haben, müssen aber nicht vorgelegt werden!

Anhand dieser Zahlen muss dann die Krankenkasse begründen, warum einzelne Positionen eventuell nicht plausibel oder für sich genommen zu hoch wären. Das pauschale Streichen von Positionen reicht nicht aus.

Erst nach einem ausführlichen „Ritt durch die Zahlen“ kann die Kasse einwenden, andere Dienste seien aber günstiger. Dann sollte jedoch geprüft werden, ob die Dienste wirklich mit dem vorliegenden Dienst vergleichbar sind. Hinzu kommt: Nach der Rechtsprechung kann dem Dienst nicht vorgehalten werden, zu hohe Personalkosten zu haben, wenn er Tariflöhne zahlt. Die Gerichte wollen damit Lohndumping und Tarifflucht verhindern.

Weiterhin wollen Kassen gern für jeden Patienten einzeln verhandeln. Dafür gibt es aber keine gesetzliche Grundlage. Man sollte immer versuchen, für den Dienst insgesamt zu verhandeln, da einzelne Patienten keine oder nur sehr marginal unterschiedliche Kosten verursachen. Generelle Vereinbarungen sind insbesondere für die Aufnahme neuer Kinder wichtig, da die neueste Rechtsprechung des BSG eine Vergütung ohne eine schriftliche Vereinbarung mit der Kasse versagt.

Auch stellt man immer wieder fest, dass Kassen versuchen die Verfahren in die Länge zu ziehen, da jeder Monat, in dem nicht ein höherer Satz bezahlt wird, für sie ein guter Monat sei. Meist bringen die Kassen keine stichhaltigen Argumente für ihre Einwendungen. Gleichzeitig versuchen sie die Preise nach unten zu drücken. Darauf sollte man sich nicht einlassen, sondern laufend am Ball bleiben und ggf. das Schiedsverfahren ins Spiel bringen. Häufige Streitpunkte sind dabei die Nettoarbeitszeit (Ausfallzeiten und Weiterbildung, Einarbeitung und Dienstbesprechung usw.), die Vergütung von Wegezeiten und die Größe des Verwaltungsapparats.

Dr. Benjamin Liedy, Fachanwalt für Medizinrecht, VOELKER & Partner mbB, Reutlingen

BHK-Bundestagung am 24./25. November 2017 in Bremen

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