Dtsch Med Wochenschr 2017; 142(24): 1874-1876
DOI: 10.1055/s-0043-120744
Mitteilungen der DGIM
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Medizin vor Ökonomie – zurück zum Kern ärztlichen Handelns – DGIM stellt Klinik-Codex vor

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Publication Date:
05 December 2017 (online)

Als Reaktion auf die zunehmende Ökonomisierung des Gesundheitswesens hat die DGIM den neuen Klinik-Codex „Medizin vor Ökonomie“ ins Leben gerufen. Mit dieser Verhaltensmaxime verpflichten sich Mediziner, ihr ärztliches Handeln stets am Wohl des Patienten auszurichten – mit „absolutem Vorrang gegenüber ökonomischen Überlegungen“. Gleichzeitig sollen sich Ärzte im beruflichen Alltag und insbesondere in der Argumentation gegenüber rein wirtschaftlich orientierten Handlungsvorgaben auf das Konsenspapier berufen können. Ziel ist zudem, mit dem Klinik-Codex das Vertrauen von Patienten und Bevölkerung in eine werteorientierte Medizin und Ärzteschaft zu stärken. Die genaue Ausgestaltung des Klinik-Codex war Gegenstand einer Pressekonferenz der DGIM am 19. September 2017 in Berlin.

Wenn die Klinik zum Wirtschaftsunternehmen wird und vor allem Gewinne erzielen soll, leidet die Qualität der Medizin und damit insbesondere der Patient. Wachsender Kostendruck und ökonomisch orientierte Zielvorgaben im Klinikbetrieb behinderten den ureigenen Auftrag der Ärzteschaft, dem Wohl aller Patienten nach bestem ärztlichen Wissen zu dienen und jedem eine leitliniengerechte und fürsorgliche Medizin sowie solidarische Hilfe zukommen zu lassen, so Professor Dr. med. Petra Maria Schumm-Draeger, Direktorin des Zentrums/Innere Medizin/Fünf Höfe in München und stellvertretende Vorsitzende der DGIM. Die Folgen für Patienten seien gravierend. Die wirtschaftlichen Fehlanreize führten zu einer Überversorgung in gut bezahlten Domänen, etwa der Gerätemedizin mit MRT, CT oder Röntgen. Gleichzeitig hätten sie Unterversorgung in der nicht ausreichend vergüteten sprechenden Medizin mit Ärztemangel und langen Wartezeiten zur Folge. Hiervon stark betroffen sei beispielweise die Behandlung betreuungsintensiver Volkskrankheiten wie Diabetes oder Rheuma. Vertrauensverlust im Arzt-Patientenverhältnis und Personalmangel im Gesundheitswesen seien weitere Folgen. Die DGIM beobachtet als Fachgesellschaft diese Entwicklungen seit Jahren mit Sorge.

Trotz der veränderten, ökonomisch dominierten Rahmenbedingungen der vergangenen Jahre üben die meisten Ärzte ihren Beruf nach den ethischen Prinzipien ihres Berufsstandes aus. Diese gegen die Vorgaben kaufmännischer Geschäftsleitungen und Kostenträger durchzusetzen, verursacht ihnen heute aber deutlich mehr Schwierigkeiten als in der Vergangenheit, stellt Schumm-Draeger fest: Klinikärztinnen und -ärzte müssten im klinischen Arbeitsalltag zum Teil viel Zeit und Kraft in Rechtfertigungen und Begründungen investieren, warum sie sich im Sinne ihrer Patienten entscheiden. Durch den neuen Klinik-Codex wolle man Orientierung und Solidarität bieten, auch indem er konkret auf den heutigen Klinikalltag zugeschnittene Haltungs- und erste Verhaltensempfehlungen gebe. Auf diese sollen sich die angesprochenen Akteure im beruflichen Alltag und insbesondere in bedrängenden Situationen berufen können.

Es gelte das zu verteidigen, was schon immer oberste und letztendlich einzige Pflicht der Ärzte und Ärztinnen war, ist und sein wird: Patienten mit ihren Krankheiten, Sorgen und Hoffnungen zur Seite zu stehen und zu begleiten, sie zu behandeln und – wenn möglich – zu heilen, so Professor Schumm-Draeger auf der Pressekonferenz der DGIM am 19. September 2017 in Berlin.

Der Klinik-Codex ist abrufbar unter www.dgim.de

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