neuroreha 2018; 10(01): 8
DOI: 10.1055/s-0044-101005
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Effekte eines multimodalen Rehabilitationsprogramms für chronisch kranke Patienten nach Schlaganfall

Jan Mehrholz
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Publication Date:
16 March 2018 (online)

Zusammenfassung der Studie

Ziele

Ziel der Studie war es, ein neues multimodales Interventionsprogramm basierend auf Rhythmus- und Musiktherapie bzw. Hippotherapie bei chronisch erkrankten Patienten nach Schlaganfall zu evaluieren.


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Methodik

Design Untersucherverblindete randomisierte und kontrollierte Studie.

Ein- und Ausschlusskriterien Eingeschlossen wurden Patienten nach Schlaganfall im Alter von 50–75 Jahren aus einem Krankenhausregister aus Göteborg, Schweden. Die Krankheitsdauer lag zwischen zehn Monaten und fünf Jahren.

Interventionen Die Teilnehmer wurden per Zufallsprinzip, stratifiziert nach Geschlecht und Hirnlokalisation, in eine von drei Gruppen aufgeteilt.

Gruppe 1 (R-MT): Die Teilnehmer dieser Gruppe trafen sich zweimal pro Woche zu einer Rhythmus- und Musiktherapie. Dabei bewegten sie sich 90 Minuten lang zur Musik mit ihren Händen und Füßen (wie z. B. Klatschen der Hände oder Stampfen mit den Füßen) oder ahmten Bewegungen wie beim Schlagzeugspielen nach.

Gruppe 2 (H-RT): Die Teilnehmer dieser Gruppe trafen sich zweimal die Woche für 240 Minuten in einem speziellen Reitzentrum. Zunächst nahmen sie an der Pflege der Pferde teil, anschließend ritten sie in kleineren Gruppen für etwa 30 Minuten. Beim Ausreiten wurde jeder Patient auf dem Pferd von zwei Assistenten begleitet. Ein Assistent führte und der andere leitete einfache Gleichgewichtsübungen an.

Gruppe 3 (CG): In dieser Gruppe bekamen die Patienten für die Dauer der Studie keine besondere neue (zusätzliche) Therapie und sollten mit ihren regulären Aktivitäten einfach fortfahren. Erst nach Ende der Studie erhielten sie zusätzliche Therapien.

Messungen Primäre abhängige Variable war das Item Nr. 9 der Stroke Impact Scale (SIS Version 2.0), ein Fragebogen zu den Folgen des Schlaganfalls und den daraus resultierenden Beeinträchtigungen. Dieses Item „9“ beinhaltet die Erholung nach einem Schlaganfall, und die Studienteilnehmer sollten ihre individuelle Erholung auf einer visuellen Analogskala von 0–100 (100 vollständige Erholung nach Schlaganfall) einschätzen. Von verblindeten Untersuchern wurden unmittelbar nach der Intervention und nach sechs Monaten die Gehfähigkeit mit dem Timed-up-and-go-Test (TUG) und der Berg Balance Scale (BBS) sowie der Bäckstrand, Dahlberg and Liljenäs Balance Scale (BDL-BS), außerdem die Handkraft (Grippit), der kognitive Status mit dem Barrow Neurological Institute Screen für höhere zerebrale Funktionen und das Arbeitsgedächtnis getestet.


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Ergebnisse

Insgesamt wurden 5238 Patienten untersucht und insgesamt 123 Studienteilnehmer eingeschlossen. Zu Beginn der Studie unterschieden sich die Teilnehmer nicht.

In der Rhythmus-Musiktherapie-Gruppe R-MT (n = 41), verbesserten sich nach zwölf Wochen 38 % der Teilnehmer, in der Reitgruppe H-RT (n = 41) 56 % der Teilnehmer auf der SIS und in der Kontrollgruppe lediglich 17 %.

Die mittleren Verbesserungen unmittelbar nach der Therapie (auf VAS Erholung von 0–100) waren in der Rhythmus-Musiktherapie-Gruppe R-MT (5,2 Punkte, 95 % KI: 0,79 … 9,61) in der Reitgruppe H-RT (9,8 Punkte; 95 % KI: 6,00 … 13,66), signifikant besser im Vergleich zur Kontrollgruppe (–0,5 Punkte; 95 % KI: –3,20 … 2,28; p = 0,001).

Die Patienten in der Gruppe der Reittherapie verbesserten sich hinsichtlich Gehfähigkeit (TUG) und im Gleichgewicht (BBS). Die Patienten in der Musiktherapie verbesserten sich im Gleichgewicht, gemessen mit der BBS, sowie in der Griffkraft, in den höheren zerebralen Funktionen (BNIS-Test) und später auch im Arbeitsgedächtnis. Die meisten dieser Verbesserungen waren auch sechs Monate später noch nachweisbar.


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Schlussfolgerung

Die Autoren schlussfolgern, dass ein multimodales Interventionsprogramm auch bei chronischen Patienten nach Schlaganfall die selbsteingeschätzte Erholung sowie die Gehfähigkeit, Balance Griffkraft sowie das Arbeitsgedächtnis verbessern kann.


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