Fortschr Neurol Psychiatr 2018; 86(03): 149
DOI: 10.1055/s-0044-102168
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

ICD-11: Aktueller Stand der Revision und weitere Entwicklung

ICD-11: Current state of revision and further development
Robert Jakob
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Publication Date:
05 April 2018 (online)

Die elfte Revision der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) wird zum Zweck der Vorbereitung ihrer Implementierung dieses Jahr veröffentlicht. Zeitgleich mit der gesamten Klassifikation wird auch das Kapitel für Psychische und Verhaltensstörungen (Mental, behavioural or neurodevelopmental disorders) mit seinen klinischen Beschreibungen und diagnostischen Kriterien zur Verfügung stehen.

Die elfte Revision der Internationalen Klassifikation der Krankheiten erfüllt die Ziele, die zu Beginn des Revisionsprozesses gesteckt wurden. ICD-11 kann sowohl zur detaillierten Dokumentation einzelner Fälle wie auch zu statistischen Zwecken verwendet werden. Kategorien, die für die Dokumentation bei der Primärversorgung oder bei Hausärzten erforderlich sind, wurden ebenso einbezogen, wie ein Abschnitt in Kapitel 23, der eine Dokumentation für Qualitätssicherung und Patientensicherheit ermöglicht.

Die ICD-11 hat neue Kapitel, wie „Immunsystem“, „Schlafstörungen“, „Zustände die sexuelle Gesundheit betreffend“ und „Traditionelle Medizin“. Erweiterungskodes können zur zusätzlichen Kodierung von Lateralität, Arzneimitteln und anderem eingesetzt werden. Auf der anderen Seite wurde darauf geachtet, die statistischen Zeitverläufe nur möglichst wenig zu beeinflussen. Auch die Kompatibilität mit Terminologien und anderen Klassifikationen, wie zum Bespiel dem DSM-5, spielte bei der Bearbeitung eine große Rolle. Ein spezieller Abschnitt erlaubt die Erfassung der Funktionsfähigkeit in den Domänen Aktivitäten und Teilhabe. Eine Auswertung der Ergebnisse mittels der WHO Disability Assessment Schedule 2.0 (WHODAS 2) oder des Model Disability Survey (MDS) erlaubt die Erfassung des Therapieeinflusses in diesem für Patienten wichtigen Bereich.

Die ICD-11 wurde für moderne elektronische Dokumentation ausgelegt. Das Fundament der ICD-11 basiert auf einer Ontologie und ermöglicht die Produktion der ICD in zahlreichen Varianten für verschiedene Anwendungszwecke und in verschiedenen Sprachen bei erhaltener semantischer Interoperabilität zwischen den Produkten. In Kombination mit ihrer integrierten Übersetzungsplattform vereinfacht die Kodiersuchmaschine der ICD-11, unabhängig von der Sprache, die Kodiertätigkeit ganz erheblich. Web Services ermöglichen die Einbindung der Suchmaschine in jegliche Software. Die der ICD-11 zugrundeliegende Struktur und die Verwendung von Unique Reference Identifiers (URI) erlaubt eine elektronische Dokumentation, die zum einen unabhängig von der Version ist und zum anderen Gesundheitszustände wesentlich detaillierter zu dokumentieren erlaubt, als dies allein mit der klassischen ICD-Kodierung möglich wäre.

Mehr als zehn Jahre hat die systematische Überarbeitung der ICD gedauert. Über 300 Experten aller Kontinente und verschiedener Fachgebiete haben in mehr als 20 Arbeitsgruppen die Inhalte der ICD-11 aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht überarbeitet. Gegenwärtig werden noch die Ergebnisse von Feldversuchen, von Kommentaren von WHO Mitgliedsländern und verschiedenen Qualitätssicherungsmaßnahmen, wie Erarbeitung von Überleitungstabellen zur ICD-10, sowie von Vorschlägen auf der Onlineplattform eingearbeitet.

Im Juni dieses Jahres wird die ICD-11 zur Vorbereitung ihrer Implementierung veröffentlicht.

Die wissenschaftlich korrekte Klassifizierung in Kombination mit einer fortschrittlichen Infrastruktur stellen erneut einen Meilenstein in der Gesundheitsinformation dar. Neu überarbeitete Definitionen und diagnostische Kriterien werden weiterhin einen erheblichen Beitrag zur Vergleichbarkeit der Ergebnisse leisten.

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