Fortschr Neurol Psychiatr 2018; 86(05): 263
DOI: 10.1055/s-0044-102200
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tau-Protein prädiktiv für neurologisches Outcome nach Herzstillstand?

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Publication Date:
29 May 2018 (online)

Bei Patienten, die einen Herzstillstand erlitten haben, besteht ein Bedarf an früh einsetzbaren und exakten prognostischen Methoden. So kann beispielsweise festgestellt werden, welche Patienten von lebensverlängernden Maßnahmen profitieren und welche nicht. N. Mattsson et al. haben vor diesem Hintergrund untersucht, ob das Tau-Protein im Serum als Prädiktor für das neurologische Outcome infrage kommt.

Die Analyse basierte auf Daten der internationalen, prospektiven „Target Temperature Management“-Studie. Teilnehmer waren Personen, die nach einem Herzstillstand das Bewusstsein nicht wieder erlangt hatten. Deren Rekrutierung erfolgte zwischen November 2010 und Januar 2013. Jeweils 24, 48 und 72 Stunden nach dem Herzstillstand wurde das Tau-Protein im Serum der Patienten bestimmt. Als Haupt-Zielparameter wählten die Autoren ein schlechtes neurologisches Outcome („Cerebral Performance Categories” [CPC] 3–5) nach 6 Monaten. Zudem wurde die prognostische Genauigkeit von Tau mit derjenigen der neuronenspezifischen Enolase (NSE) verglichen.

Ergebnisse

In die Analyse gingen Daten von 689 Patienten ein. Es bestand ein Zusammenhang zwischen erhöhten Tau-Werten und einem höheren Alter der Patienten, einer längeren Zeitspanne bis zu einer „Return of spontaneous Circulation“ (ROSC), dem Ausbleiben einer kardiopulmonalen Reanimation durch Ersthelfer sowie einem weiblichen Geschlecht (für Tau-Werte nach 72 Stunden). Die Autoren ermittelten eine Assoziation zwischen höheren Serumwerten von Tau und einem schlechten Outcome 6 Monate nach dem Herzstillstand (im Median 38,5ng/l im Fall eines negativen Outcomes vs. 1,5ng/l im Fall eines positiven Outcomes, gemessen nach 72 Stunden; p<0,0001). Die Ergebnisse wurden mittels einer modifizierten „Rankin Scale“ (mRS) überprüft (0–6, wobei ein Score von 6 Tod bedeutete): Auch hier wiesen Patienten mit höheren mRS-Scores gegenüber solchen, die durch niedrige Scores gekennzeichnet waren, nach 48–72 Stunden höhere Tau-Konzentrationen auf. Es konnte gezeigt werden, dass das Tau-Protein die Vorhersage eines negativen Outcomes im Vergleich zur Nutzung klinischer Informationen verbesserte (p<0,0001). Die Falsch-Positiv-Raten (FPR) der Tau-„Cut-Offs“ waren im Fall eines positiven Patientenergebnisses niedrig, bei einem negativen Patientenergebnis blieb die hohe Sensitivität bestehen (FPR nach 72 Stunden=2 %; Sensitivität=66 %). Im Vergleich zu der NSE war Tau durch eine höhere Genauigkeit gekennzeichnet („Area under the Receiver Operating Characteristic Curve“ für Tau vs. NSE=0,91 vs. 0,86). Das Follow-up betrug bis zu 956 Tage. Die Autoren ermittelten während dieser Zeitspanne einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Tau-Protein und dem Gesamtüberleben. Die Lagerungstemperatur der Patienten nach dem Herzstillstand (33 oder 36 °C) hatte keinen Einfluss auf die Vorhersagegenauigkeit von Tau.

Fazit

Bei dem Tau-Protein handelt es sich um einen vielversprechenden neuen Marker zur Vorhersage des neurologischen Outcomes bei Patienten nach einem Herzstillstand, so die Schlussfolgerung der Autoren. Tau war innerhalb der Studie der NSE hinsichtlich der Prognosegenauigkeit überlegen, die aktuell den am häufigsten verwendeten prognostischen Marker bei Patienten mit einem Herzstillstand darstellt.

Dr. Frank Lichert, Weilburg


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