Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2000; 35(6): 354-355
DOI: 10.1055/s-2000-3746
LAUDATIO
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ein Nordlicht im Rheinland: Zum 60. Geburtstag von Professor Jörg Tarnow, Düsseldorf

J. Peters
  • Direktor, Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Essen
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Am 22. Mai feiert Professor Dr. med. Jörg Tarnow, FRCA, Lehrstuhlhaber für Anästhesiologie an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf, seinen 60. Geburtstag. Somit können auch wissenschaftliche Fachgesellschaft und Berufsverband den Eintritt ins neue Jahrtausend mit einem weiteren wichtigen Jubiläum fortsetzen und namens Mitgliedern und Präsidien von DGAI und BDA herzlich gratulieren.

Laudationes im akademischen Bereich, zumal zum 60. Geburtstag, sind eine delikate Angelegenheit. Einerseits für den Laureaten, denn jede publizierte Laudatio hat auch Charakteristika einer Wertung, eines Urteils über einen langen beruflichen Lebensabschnitt und die bis dahin erbrachten Leistungen für Wissenschaft und Fachgebiet. Andererseits für den Laudator, wenn dieser, unter Umständen beeinträchtigt durch nur mittelbar erworbene Kenntnisse von der zu ehrenden Person, eine zu subjektive, zu übertrieben viel Lob neigende Perspektive einnimmt.

Da die Fakten Herrn Tarnow erkennbar und transparent als einen der Lehrstuhlinhaber, Wissenschaftler und Persönlichkeiten ausweisen, die das Fach Anästhesiologie und Intensivmedizin in den vergangenen 25 Jahren nicht nur in Deutschland wesentlich geprägt haben, müssen allerdings weder die Wertung gefürchtet noch Perspektiven geschönt werden. Dies ist vor allem seiner wissenschaftlichen Leistung, konsequenten Selbstdisziplin und harten Arbeit sowie seiner unbeirrbar ausgeübten Vorbildfunktion für wissenschaftliche Schüler und akademische „Lebensabschnittsgefährten” zuzuschreiben. Der Respekt vieler seiner Schüler und Mitarbeiter ist ihm deshalb schon heute sicher.

Unbeirrbar deshalb, weil er wie kaum ein anderer Notwendigkeit und Aufgabe darin sah, gerade durch wissenschaftliche Leistung das noch junge Fach „Anästhesiologie” gleichberechtigt im Kanon der Fächer in Deutschland zu verankern. „Evidenced based medicine” hat er schon 25 Jahre gelebt bevor dieser Begriff für andere geläufig und en vogue wurde.

Wissenschaftliche Aktivität hat er gegen Widrigkeiten gefördert und ausgebaut, auch gegen klinische Pressionen und manch internen Widerstand. Im akademischen Benchmarking steht er weit oben und zählt zu den meistzitierten Wissenschaftlern unseres Fachgebietes in Deutschland.

In Zeiten, in denen in Medien und politischen Kreisen weit mehr über vorgeblich arbeitsscheue Professoren als über unfähige Bürokraten und unterfinanzierte Lehrstühle diskutiert wird, ist all dies für unser Fach gleichermaßen beruhigend und doch nicht selbstverständlich.

Die Persönlichkeitsmerkmale von Herrn Tarnow lassen sich zwanglos aus den geographischen Stationen seines Lebens ableiten. Nahezu 30 Jahre an der Küste müssen dem in Wilhelmshaven im Krieg geborenen Nordlicht, später Student in Kiel und Stabsarzt bei der Marine, seine friesischen Eigenschaften vermittelt haben: enorme Hartnäckigkeit (manche Freunde sagen gar Dickschädeligkeit), Festigkeit, Selbstdisziplin, Unbestechlichkeit und Klarheit im Urteil sowie einen unterkühlten, trockenen, englischen Humor. Kungeleien sind ihm ebenso fremd wie zuwider.

Rund weitere 15 Jahre in der Metropole Berlin während seiner Tätigkeit an der Freien Universität im Klinikum Charlottenburg als Assistent, Oberarzt und später C2-Professor, sowie einige Aufenthalte an amerikanischen Universitätskliniken mögen zu seiner Weltoffenheit, Toleranz, Gelassenheit und Kultiviertheit beigetragen haben. Engstirnigkeit ist ihm ebenso ein Greul wie unpräzise, nebulöse oder aufgeblasene Diktion, eine Eigenschaft, die vermutlich manch jungen Vortragsredner auf die rechte Bahn brachte. Insgesamt eine gelungene Mischung, welche in Konsequenz 1987 zur seiner Berufung auf Lehrstuhl und Direktorat der Abteilung für Klinische Anaesthesiologie nach Düsseldorf führte. Nach 13 Jahren im Rheinland ist ihm auch die (rechts-) rheinische Lebensart nicht länger fremd.

Seine Abteilung leitet er seit dieser Zeit höchst erfolgreich: mehr als 21 wissenschaftliche Preise, 12 Habilitationen, eine hohe Zahl fachspezifischer Impact-Punkte, respektable Drittmitteleinwerbung, hohe Reputation in der studentischen Lehre, mehrere Berufungen von Mitarbeitern an andere Universitäten sowie auf Chefarztpositionen. Das Zentrum für Anästhesiologie der Universität Düsseldorf hat unter seiner Führung einen der akademischen Spitzenplätze in Nordrhein-Westfalen und Deutschland erarbeitet. Eine Erfolgsbilanz, die jedem Laudator das Schreiben leicht macht.

Herr Tarnow ist Alleinautor einer sehr beachteten, leider bisher nicht wieder aufgelegten deutschen Monographie über die Anästhesie in der Herzchirurgie, wissenschaftlich ausgewiesen insbesondere auf dem Gebiet der Koronarzirkulation und Myokardischämie, Autor und Koautor von ca. 150 Publikationen im peer review System sowie Mitherausgeber und geschätzter Gutachter vieler Fachzeitschriften.

Als Ausdruck internationaler wissenschaftlicher Anerkennung wurde er zum Fellow des Royal College of Anaesthetists (FRCA) gewählt. Schließlich wurde er - vorläufiger Höhepunkt der nationalen Wertschätzung - für das Amtsjahr 2002 zum Präsidenten der DGAI gewählt. Der Laudator ist sicher, daß noch viele weitere Anerkennungen folgen werden.

Kraft und Unterstützung für diese Produktivität kommen insbesondere von seiner Frau Katrin.

Wir gratulieren zum 60. Geburtstag.

Prof. J. Tarnow

Prof. Dr. med. Jürgen Peters

Direktor, Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin Universitätsklinikum Essen

Hufelandstr. 55

45122 Essen

Email: anesthesiology@uni-essen.de

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