Viszeralchirurgie 2000; 35(2): 91
DOI: 10.1055/s-2000-7406
EDITORIAL
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Strumachirurgie

H.-D. Röher
  • Düsseldorf
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Das Schwerpunktthema dieses Heftes der chirurgischen Behandlung gutartiger Schilddrüsenerkrankungen wird mit nützlicher Information für die praktische Ausübung von erfahrenen Chirurgen abgehandelt. Die einzelnen Themen des Solitärknotens, der Struma einschließlich thyreoidaler Autonomie und schließlich der immunogenen Hyperthyreose Typ Basedow ergänzen gewissermaßen bereits vorhandene Leitlinien durch Erfahrungen und Kenntnisse aus der täglichen Praxis.

Es sind drei Hauptaspekte, auf die das Augenmerk im Zusammenhang mit der Strumachirurgie ausgerichtet werden muss: a) die Wahl und Ausführung des der Behandlungsindikation angemessenen Operationsverfahrens nach Art und Ausmaß; b) die Minderung oder sogar Vermeidung eingriffstypischer Risiken bzw. der charakteristischen Morbidität (Nebenschilddrüsen, Stimmbandnerven, Blutung, Infektion); c) die Sicherung und Gewährleistung des angestrebten Behandlungserfolgs (keine zurückgelassenen Knoten, sichere Beseitigung der Hyperthyreose, Rezidivvermeidung …).

Wie den Einzelbeiträgen zu entnehmen ist, bedarf vor allen Dingen das Operationsausmaß in einer Spanne von lediglich begrenzter Knotenexzision über Teilresektion, Lappenentfernung, subtotaler Resektion bis hin zur Thyreoidektomie der individuellen und krankheitsorientierten Anpassung im Sinne einer wiederholt definierten „morphologie- und funktionsgerechten” chirurgischen Behandlung. Für Verständnis und Begründung der erhobenen Anforderungen ist gewiss die aus dem Übersichtsartikel hervorgehende Information zu Wachstums- und Funktionsverhalten von Schilddrüsenknoten von praktischer Nützlichkeit. - Eine jüngst durchgeführte eigene Analyse von Behandlungsfehlern im Zusammenhang mit Schilddrüsenoperationen aus dem Zeitraum 1975 - 1998 ergab interessanterweise juristischerseits positiv anerkannte Fehlerhaftigkeit durch nicht erreichtes Operationsziel in 22 % und infolge Anwendung einer ungeeigneten Operationstechnik in 36 %. Dies möge die Aufmerksamkeit der Leser stimulieren angesichts einer steigenden Tendenz patientenseitiger kritischer Bewertung der ärztlichen Leistung und des Behandlungsergebnisses (Chirurg 1999;70:1131 - 1138).

Dass schließlich auch hier wieder die Einschränkung und Minderung der typischen Morbidität in Form der Recurrensparese und der beeinträchtigten Nebenschilddrüsenfunktion in den einschlägigen Artikeln abgehandelt wird, versteht sich von selbst und sollte zu einer breiten Akzeptanz der komplikationsvermeidenden Eingriffstechnik Anlaß geben. Wie in diesem Heft in tabellarischer Form belegt, darf aufgrund breiter Erfahrung als unstrittig gelten, dass die präparatorische Darstellung und Sichtbarmachung des Recurrensnerven ausschlaggebend zu seiner Schonung und Intakterhaltung beiträgt. Diese Vorgehensweise ist ganz sicher bei jeglicher Art ausgedehnter Resektion, Lobektomie oder Thyreoidektomie zu fordern. - Analog erfährt der Umgang mit den Nebenschilddrüsen bezüglich Darstellungsanspruch gleiche Wertigkeit. Das Sichtbarmachen der Nebenschilddrüsen gewährleistet ihre Bewahrung. In allen Zweifelsfällen einschließlich einer kompromittierten Durchblutung sollte bei weitreichend resezierenden oder exstirptierenden Operationen großzügig von der Transplantation mindestens einer Nebenschilddrüse Gebrauch gemacht werden.

Neben den hier abgehandelten indikatorischen und chirurgisch-technischen Aspekten werden wir uns zukünftig in wachsendem Umfang auch zu befassen haben mit dem erforderlichen Zeitaufwand der Hospitalisierung chirurgischer Schilddrüsenpatienten, deren Verweildauer mit gewisser Abstufung zwischen den verschiedenen Krankheitsarten schon jetzt deutlich unter die 4-Tage-Grenze zu senken ist und zukünftig gewiss die Forderung nach Tageschirurgie zunehmen wird. Durch verbesserte Leistung können wir aktiv zu Sicherheit und Komfort des Patienten und zugleich zur Aufwandseingrenzung beitragen, unbedingt aber ärztlichen Entscheidungsanspruch für Art und Umfang der erforderlichen Behandlung gegenüber nicht medizinischen Einflüssen behaupten.

Den Herausgebern ist für die Initiative zu diesem Thema mit vierter bis fünfter Häufigkeitsplazierung im viszeralchirurgischen Aufgabengebiet ausdrücklich zu danken.

H.-D. Röher, Düsseldorf

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