PiD - Psychotherapie im Dialog 2002; 3(4): 374-378
DOI: 10.1055/s-2002-36086
Aus der Praxis
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

„Durchgeknallt”

Jugendliche der Station „Waldhaus” in Tiefenbrunn diskutieren mit Frau Streeck-Fischer über den Film „Durchgeknallt”
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Publication Date:
11 December 2002 (online)

Wie es zu der Gesprächsrunde gekommen ist

Einige Jugendliche möchten den Film „Durchgeknallt” im Waldhaus sehen. Da der Film heftige Szenen mit traumatisierenden Vorfällen zeigt, wurden zunächst Teile des Films im Therapeutenteam betrachtet, um zu überprüfen, was den Jugendlichen damit zugemutet würde. Es wurde befürchtet, das der Film destruktives Verhalten und maligne Regressionen aktivieren würde. Es wird dann beschlossen, dass Jugendliche, die nicht gerade am Beginn ihrer Behandlung stehen, diesen Film sehen können. Es wird auch überlegt, dass es günstig wäre, anschließend darüber miteinander zu diskutieren, um die Reaktionen der Einzelnen darauf mitzubekommen. Die Diskussion mit den Jugendlichen über den Film findet statt und wird in ihrem Einverständnis aufgezeichnet. Gesehen wurde der Film von zehn Jugendlichen. Acht Jugendliche haben sich an der Diskussion mit Frau Streeck-Fischer beteiligt:

Clara hat äußerst ungünstige Entwicklungsbedingungen mit vielfältigen Traumatisierungen hinter sich. Sie neigt in bestimmten Momenten dazu, solche traumatischen Situationen wiederherzustellen.

Christina hat mehrere, davon einen schweren Selbstmordversuch hinter sich. Hinter einer Fähigkeit, sich gut auf andere einzustellen, gibt sie sonst nicht viel von sich zu erkennen.

Eva gerät in Zustände, in denen sie sich tiefe Schnittwunden zuzieht. Sie wird gelegentlich von tiefer Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit überwältigt.

Ina kommt von zu Hause nach mehreren ambulanten Behandlungen. Sie konnte ihre Schule nicht mehr besuchen. Unter Belastungen gerät sie in Ausnahmezustände, in denen sie die Umwelt verzerrt und völlig feindlich gegen sie gerichtet wahrnimmt.

Janina war über ein Jahr auf einer geschlossenen psychiatrischen Station wegen hoher Selbstmordgefährdung. Sie hatte einige ernsthafte Selbstmordversuche hinter sich.

Lena war über zwei Jahre in der Psychiatrie und geriet dort vor dem Hintergrund einer schweren traumatischen Überwältigung in immer neue Täter-Opfer-Inszenierungen.

Max neigt zu aggressiven Durchbrüchen und Drogengebrauch. Er wurde in seiner frühen Kindheit misshandelt und vernachlässigt.

Michael hat infolge von Fehlbildungen ab Säuglingsalter operative Eingriffe erlebt und in den ersten eineinhalb Jahren in Krankenhäusern gelebt. Er ist fasziniert von grausigen Dingen und hat auch später multiple Traumatisierungen erfahren.

Stefan hat in einer Gang gelebt und vielfältige Gewalterfahrungen - auch als Täter - gemacht. Zeitweilig hat er Alkohol und Drogen zu sich genommen. Die Schule hat er geschmissen.

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