Radiologie up2date 2003; 3(1): 4-6
DOI: 10.1055/s-2003-37872
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13 March 2003 (online)

Kein erhöhtes Krebsrisiko für Röntgenassistenten

In einer retrospektiven Studie untersuchten Wissenschaftler des National Cancer Institutes in den USA das Risiko von Röntgenassistenten beiderlei Geschlechts an Krebs zu erkranken. Ein erhöhtes Risiko fanden sie nur bei den Personen, die bereits vor 1960 in das Berufleben eingetreten sind.Röntgenassistenten sind berufsbedingt über längere Zeit schwacher ionisierender Strahlung ausgesetzt. Ob diese chronische Strahlenbelastung das Risiko an Krebs zu erkranken messbar erhöht, ist nach wie vor umstritten. Michael Hauptmann und seine Kollegen haben versucht die Frage zu beantworten, indem sie die Daten des American Registry of Radiologic Technologies auswerteten. In dem Register sind Informationen von 146 022 Röntgenassistenten gespeichert, die zwischen 1926 und 1982 über wenigstens zwei Jahre in den USA in ihrem Beruf tätig waren.In den 80er-Jahren haben über 145 000 Personen einen Fragebogen zur Arbeitsanamnese und zur Exposition mit Krebsrisikofaktoren außerhalb der Arbeit erhalten. Insgesamt 90 035 Röntgenassistenten antworteten damals. Ende 1997 konnten die Forscher dann in 99,3 % der Fälle ermitteln, ob die Befragten noch leben und wenn nicht, an welchen Erkrankungen sie gestorben sind.Auf den ersten Blick ergibt sich überraschenderweise kein erhöhtes Krebsrisiko für die Röntgenassistenten. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung hatten sie sogar eine überdurchschnittliche Lebenserwartung. Die standardisierte Mortalitätsrate (SMR) der Kohorte betrug 0,76. Auch an Krebs sterben die Röntgenassistenten seltener als andere Amerikaner. Die SMR beträgt hier 0,82.Interessant war der Vergleich der Sterblichkeit der Personen, die vor Einführung eines effektiven Strahlenschutzes tätig waren. Vor 1930 betrugen die Grenzwerte 70 rem/Jahr. Bis 1958 wurden sie auf 5 rem/Jahr gesenkt, den heute in den USA noch geltenden Höchstwert. Die Auswertung deutet darauf hin, dass die Röntgenassistenten, die vor 1940 tätig waren, insgesamt ein leicht erhöhtes Krebsrisiko haben könnten.Schaut man sich die Ergebnisse für einzelne Krebserkrankungen an, so zeigen sich deutlich Unterschiede: Frauen, die vor 1940 als Röntgenassistentin tätig waren, hatten ein fast dreimal höheres Risiko an einem Brustkrebs zu sterben als Beschäftigte nach 1960. Für den Zeitraum von 1940 bis 1949 wurde noch ein 2,4fach erhöhtes Risiko gefunden (s. a. J Natl Cancer Inst 2002; 94: 943 - 8). Das beschäftigungsbedingte Brustkrebsrisiko war damit ebenso hoch wie unter den Überlebenden der beiden Atomwaffenabwürfe in Japan.Außer dem Brustkrebs scheint die hohe berufliche Strahlenbelastung auch Leukämien induziert zu haben. Die vor 1950 Beschäftigten hatten ein um 64 % erhöhtes Risiko, an akuter lymphozytischer, akuter myeloischer oder chronisch myeloischer Leukämie zu sterben. Sowohl für Brustkrebs als auch für die Leukämien gab es eine Dosis-Wirkungs-Beziehung: Das Sterberisiko stieg mit der Zahl der Berufsjahre vor 1950.Fazit: Entwarnung für die Röntgenassistenten: Die seit den 60er-Jahren für radiologische Anlagen geltenden Grenzwerte scheinen ausreichend zu sein. Die wilden Pionier-Jahre der Radiologie haben allerdings Opfer gefordert. Es ist denkbar, dass strahlengbedingte genetische Schäden sich erst Jahre oder Jahrzehnte nach der Strahlenbelastung durch weitere genetische Veränderungen in einer Krebserkrankung manifestieren. Diese zumindest teilweise strahlenbedingten Erkrankungen könnten daher nicht erfasst worden sein.

Mohan A.K. et al.:

Cancer and other causes of mortality among radiologic technologists in the United States. International Journal of Cancer 103 (2003) 259 - 267

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