Z Gastroenterol 2003; 41(11): 1067-1068
DOI: 10.1055/s-2003-44307
Editorial
© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

G-DRGs - Quo vadis?

G-DRGs - Quo vadis?P. Frühmorgen1
  • 1Medizinische Klinik I, Klinikum Ludwigsburg
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Publication Date:
01 December 2003 (online)

Wer immer geglaubt hat, dass sich die seit dem Jahr 2000 bekannte DRG-Zeitschiene im Hinblick auf die Adaptation an die deutsche Behandlungswirklichkeit und die Implementierung in das neue Vergütungssystem guten Argumenten folgend verschieben würde, muss sich spätestens ab dem 1.1.2004 eines Besseren belehren lassen.

Im Jahr 2002 vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet, greift das Fallpauschalengesetz 2003 durch optionale, 2004 durch verbindliche G-DRG Einführung und 2005 sowie 2006 im Rahmen einer Konvergenzphase mit bundesweiter Angleichung der Preise. Mit gleichen Preisen für gleiche Leistungen wird sodann am 1.1.2007 das System „scharfgestellt”.

Die Adaptation des ausgewählten australischen DRG-Systems (AR-DRG) auf die deutsche Behandlungswirklichkeit hat der Gesetzgeber der Selbstverwaltung (Deutsche Krankenhausgesellschaft, Kostenträger) übertragen und gleichzeitig festgelegt, dass, wenn dieses Gremium nicht den Vorgaben entsprechend zu zeitgerechten Lösungen kommt, diese unverzüglich im Sinne von Ersatzvornahmen (Rechtsverordnung) durch den Gesetzgeber (Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung [BMGS]) geregelt werden. So bereits geschehen im September 2002 und im Oktober 2003. Die Ärzteschaft hat lediglich beratende Funktion, die sie über Fachgesellschaften (AWMF) sowie über die Bundesärztekammer wahrnehmen kann.

Erklärtes Ziel dieser Gesetzgebung ist neben einem politisch gewollten Strukturwandel mehr Transparenz im Gesundheitswesen, ein Wettbewerb der Krankenhäuser sowie eine ressourcenbezogene Vergütung medizinischer Leistungen und damit die Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven. Dies wird auch erforderlich sein, da mit der Entwicklung, Einführung, Pflege und Überwachung des DRG-Systems (InEK, DIMDI, Medizinischer Dienst der Krankenkassen, Controlling und Dokumentation in den Krankenhäusern etc.) erhebliche Kosten entstehen werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) hat bereits im Jahr 2000 die Notwendigkeit und die Chancen erkannt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten aktiv an der Entwicklung eines deutschen DRG-Systems (G-DRG) mitzuwirken.

Neben kontinuierlichen Vorschlägen zur Anpassung des Operationenschlüssels nach § 301 SGB V (OPS-301) wurde bereits Ende 2000 gemeinsam mit der DRG-Research-Group Münster ein „Evaluationsprojekt Gastroenterologie” geplant und im Jahr 2001 im Rahmen retrospektiver und prospektiver Datenerhebungen mit den Fragestellungen durchgeführt, ob alle ökonomisch relevanten gastroenterologischen Leistungen abgebildet sind, Gruppen fehlen oder vom Ressourcenaufwand her inhomogene Leistungen in einer Gruppe zusammengefasst sind. Die Ergebnisse werden in der Schrift „DRG-Evaluationsprojekt Gastroenterologie” im Schüling Verlag, Münster, ISBN 3-934 849-54-7, veröffentlicht. Soweit sich daraus Anpassungsvorschläge für das G-DRG-System ergeben haben, ist dies geschehen und in wesentlichen Punkten in der Arbeit „Gastroenterologie im G-DRG-System 2004” in diesem Heft mitgeteilt.

Neben einem adaptierten DRG-System und einer umfassenden Kostenkalkulation kommt der Kodierqualität eine besondere Bedeutung zu. Die DGVS hat dem bereits Rechnung getragen und den „Kodierleitfaden Gastroenterologie” gemeinsam mit der DRG-Research-Group Münster im Schüling Verlag (ISBN 3-934 849-38-5) herausgegeben.

Bis zum Jahr 2007 sind für eine leistungsgerechte Honorierung medizinischer Leistungen noch viele offene Fragen zu beantworten. Hierzu gehören u. a. die weitere Aktualisierung von OPS-301 und ICD-10, die Implementierung einer verursachungsgerechten Kostenträgerrechnung sowie die Weiterentwicklung allgemeiner und spezieller deutscher Kodierrichtlinien.

Es ist zu hoffen, dass die Selbstverwaltung ihren Gestaltungsspielraum nutzt und nicht, wie geschehen, der Gesetzgeber durch Ersatzmaßnahmen handeln muss. Dabei sollte, wie in Anfängen bereits realisiert, der ärztliche Sachverstand einbezogen werden.

Es ist sicher nicht prophetisch, sondern der zu erwartenden Realität entsprechend, dass unter einer erheblichen Verlagerung der Behandlungsfälle in den ambulanten Bereich hinein die Zahl der stationären Patienten deutlich zurückgehen wird, sich die Liegezeiten reduzieren werden und es somit zwangsweise zu einem Bettenabbau in Akutkliniken bis hin zu Schließungen kommen wird.

Ein einheitlicher Preis für die gesamte DRG-definierte Leistung - das zwingt zur Rationalisierung und Rationierung, zu optimiertem Patientenmanagement, zum Überdenken etablierter Diagnose- und Therapiekonzepte sowie zu einem bislang ungelösten Problem der gerechten innerbetrieblichen Leistungsverrechnung.

Vorstand, Beirat und insbesondere die Kommission für Berufsfragen der DGVS werden den Prozess der Adaptation und Implementierung des G-DRG-Systems weiterhin aktiv begleiten. Begründete Vorschläge zur Prozessoptimierung sind willkommen und erwünscht.

Prof. Dr. med. P. Frühmorgen

Medizinische Klinik I, Klinikum Ludwigsburg

Posilipostraße 4

71640 Ludwigsburg

Email: fruehmorgen.peter@t-online.de

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