Handchir Mikrochir Plast Chir 2003; 35(6): 368-372
DOI: 10.1055/s-2003-44674
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Rekonstruktion der Extensor pollicis longus-Sehne mittels Extensor indicis-Transposition[1]

Reconstruction of the Extensor Pollicis Longus Tendon by Transposition of the Extensor Indicis TendonA. Loos 1 , K. Kalb 1 , J. van Schoonhoven 1 , B. Landsleitner † 1
  • 1Rhön-Klinikum Bad Neustadt/Saale, Klinik für Handchirurgie Abteilung II (Leiter: Prof. Dr. B. Landsleitner †)
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Publication History

Eingang des Manuskriptes: 3. Februar 2003

Angenommen: 27. März 2003

Publication Date:
17 December 2003 (online)

Zusammenfassung

Die Ruptur der Extensor pollicis longus-Sehne (EPL) ist eine häufige Komplikation nach distalen Radiusfrakturen. Daneben sind weitere traumatische und nichttraumatische Ursachen der häufigen Sehnenläsion bekannt. Hinsichtlich der Pathogenese werden eine mechanische Theorie und eine Theorie über die Störung der Blutversorgung diskutiert.

40 Patienten nach Rekonstruktion der EPL-Sehne wurden nach durchschnittlich 30 Monaten klinisch untersucht und mittels DASH-Score befragt. Als Operationsmethode kam die Transposition der Extensor indicis-Sehne zur Anwendung. Postoperativ erfolgte eine Ruhigstellung des Daumens über vier Wochen in „Auto-Stopp-Position“.

31 Sehnenrupturen (77,5 %) waren Folge eines Traumas. 20 unter ihnen (50 %) wiesen eine distale Radiusfraktur in der Vorgeschichte auf.

Die klinische Untersuchung umfasste die Bewegungsfunktionen des Daumens und des Zeigefingers sowie Messungen der Kraft und der maximalen Handspanne. Die Messwerte ergaben im Vergleich zur gesunden Gegenseite keine statistisch signifikanten Differenzen. Die isolierte Zeigefingerstreckfähigkeit war allen Patienten generell möglich, aber bei zehn der Untersuchten (25 %) in ihrem Ausmaß vermindert.

Die Ergebnisse der klinischen Untersuchung wurden unter Verwendung des Bewertungsschemas für die Behandlungsergebnisse nach Strecksehnenverletzungen von Geldmacher ausgewertet. 20 % sehr gute, 65 % gute, 12,5 % befriedigende und 2,5 % schlechte Ergebnisse wurden erzielt. Die Anwendung des Geldmacher-Schemas erfolgte kritisch. Seine Änderung für die Bewertung der Abduktion wird vorgeschlagen.

Der funktionelle DASH-Wert betrug zehn Punkte und ist damit Ausdruck eines sehr guten funktionellen Ergebnisses.

Schlussfolgernd ist die Extensor indicis-Transposition ein sicheres und technisch gut ausführbares Verfahren zur Rekonstruktion der EPL-Sehne. Sein wesentlicher Vorteil liegt in der Verwendung eines gesunden Motors. Damit wird auch bei einer späten Rekonstruktion die Gefahr der Verwendung eines bereits degenerierten Muskels ausgeschlossen. Eine kraftvolle Zeigefingerstreckung wird bei postoperativem Training wieder erreicht. Die als gering einzuschätzende Abschwächung der Zeigefingerstreckung wurde von den Patienten nicht als einschränkend empfunden. Dennoch ist sie als zu erwartender Nachteil präoperativ mit dem Patienten zu besprechen.

Abstract

Rupture of the extensor pollicis longus-tendon (EPL) is a frequent complication after distal radius fractures. Other traumatic and non-traumatic reasons for this tendon lesion are known, including a theory about a disorder in the blood supply to the tendon itself.

We examined 40 patients after reconstruction of the EPL-tendon in a mean follow-up time of 30 months. All patients were clinically examined and a DASH questionnaire was answered by all patients. The method to reconstruct the EPL-tendon was the transposition of the extensor indicis-tendon. After the operations the thumb was put in a splint for four weeks in a “hitch-hiker's-position”.

31 ruptures of the tendon (77.5 %) were a result of trauma. In 20 of them (50 %) a distal radius fracture had occurred.

Clinical examination included measurements of the movement of the thumb- and index-finger joints, the grip strength and the maximal span of the hand. Significant differences were not found. The isolated extension of the index finger was possible in all patients. But it was reduced in ten cases which represent 25 %.

Our results were evaluated by the Geldmacher score to evaluate the reconstruction of the EPL-tendon. 20 % excellent, 65 % good, 12.5 % fair and 2.5 % poor results were reached. The Geldmacher score was used critically. We suggest its modification for the evaluation of thumb abduction.

The DASH score reached a functional value of ten points which represents a very good result.

In conclusion the extensor indicis-transposition is a safe method to reconstruct the EPL-tendon. Its substantial advantage is taking a healthy muscle as the motor, thereby avoiding the risk of using a degenerated muscle in late tendon reconstruction. A powerful extension of the index finger will be maintained by physical education. Generally, the loss of the extension of the index finger is negligible. It does not disturb the patients. But it has to be discussed with the patient before the operation.

1 Nach einem Vortrag auf dem 43. Symposium der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Handchirurgie vom 23. bis 26. Oktober 2002 in Wien

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1 Nach einem Vortrag auf dem 43. Symposium der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Handchirurgie vom 23. bis 26. Oktober 2002 in Wien

Dr. med. Astrid Loos

Klinik für Plastische und Handchirurgie, Brandverletztenzentrum
Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannstrost

Merseburger Straße 165

06112 Halle/Saale

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