Z Gastroenterol 2004; 42(7): 636-637
DOI: 10.1055/s-2004-813387
Mitteilungen der DGVS

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Nachruf für Prof. Dr. Stefan Rosewicz (13.8.1960 - 20.5.2004)

Obituary for Prof. Dr. Stefan Rosewicz (13.8.1960 - 20.5.2004)B. Wiedenmann
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Publication Date:
12 July 2004 (online)

Ende Mai hat unsere Fachgesellschaft ein national wie auch international anerkanntes Mitglied völlig überraschend und unerwartet, auf dem Höhepunkt seines wissenschaftlichen Schaffens, durch seinen plötzlichen Tod verloren. Viel zu früh wurde Herr Prof. Dr. Stefan Rosewicz am 20. Mai dieses Jahres aus dem Kreise seiner Familie, Freunde und Kollegen aus dem Leben gerissen. Herr Kollege Rosewicz hinterlässt seine Ehefrau mit zwei Söhnen im Alter von fünf und acht Jahren.

Prof. Dr. Stefan Rosewicz

Stefan Rosewicz, gebürtiger Mannheimer, studierte nach dem Abitur am Jesuitenkolleg St. Blasien Medizin an den Universitäten Heidelberg, San Francisco und Boston. Mit Abschluss des Studiums und Erhalt der Approbation im Jahr 1985 promovierte er im gleichen Jahr mit „magna cum laude”. Daran anschließend war er zunächst zwei Jahre lang wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Medizinischen Klinik I, Klinikum Benjamin Franklin, unter der Leitung von Prof. Dr. E.-O. Riecken. Von 1987 bis 1989 wechselte er als DFG-Ausbildungsstipendiat an die Univ. of California, San Francisco und Univ. of Michigan, Ann Arbor, USA in das Labor von Prof. J. Williams und Prof. C. Logsdon. Mit Abschluss seines Auslandsstipendiums kehrte er nach Berlin in die Klinik von Herrn Prof. Dr. E.-O. Riecken zurück und schloss im Jahre 1993 seine Facharztausbildung ab. Im gleichen Jahr erhielt er die Venia legendi für Innere Medizin und wurde Oberarzt der Klinik. Im Jahr 1997 erhielt er die Teilgebietsbezeichnung Gastroenterologie. Kurze Zeit danach erhielt er den Ruf auf eine C-3 Universitätsprofessur an die Charité, Campus Virchow-Klinikum und war seit 1999 bis zu seinem Tod Leitender Oberarzt der Klinik mit Schwerpunkten Hepatologie und Gastroenterologie.

Durch den Tod von Herrn Rosewicz verliert unsere Fachgesellschaft einen hervorragenden Arzt, der durch seinen hohen Sachverstand Kollegen und Studenten bestach und ebenso gleichzeitig seinen Patienten einfühlsam zugewandt war. Wissenschaftliche Neugier und die Faszination am wissenschaftlichen Arbeiten bestimmten seinen beruflichen Werdegang und übertrugen sich auf seine große wissenschaftliche Arbeitsgruppe. Diese Gabe wurde ergänzt durch eine schnelle Auffassungsgabe, einen ausgeprägten analytischen Verstand sowie systematische und konsequente Lösungsbereitschaft auch bei komplexen Fragestellungen. Dies profilierte ihn schon in jungen Jahren als international anerkannten Vertreter unseres Fachs, der immer wieder durch innovative, an klinischen Problemstellungen orientierte Konzepte überzeugen konnte. Im Schwerpunkt seines wissenschaftlichen Interesses stand die Bemühung um einen molekularen Therapieansatz für das Pankreaskarzinom, der aus den molekularen Pathomechanismen heraus rational entwickelt werden sollte. Besonderes Interesse galt initial dem möglichen therapeutischen Einsatz neuer Retinolsäurederivate und dem Einsatz von Zytokinen. Daneben trugen zahlreiche Arbeiten aus seiner Gruppe zur Aufklärung und zum Verständnis wesentlicher Aspekte der besonderen Tumorbiologie des Pankreaskarzinoms und des hepatozellulären Karzinoms bei. Zwei Themen rückten in den letzten Jahren in besonderer Weise ins Zentrum der Forschungsanstrengungen: die Funktion des in Pankreaskarzinomzellen typischerweise inaktivierten Tumorsuppressorproteins p16 sowie die Steuerung von Angiogenese und Lymphangiogenese. Die erfolgreiche Bearbeitung beider Themenstellungen konnte wichtige Pathomechanismen für die Entstehung, Ausbreitung und Therapieresistenz des Pankreaskarzinoms identifizieren. Neben dem therapeutischen Ansatz wurde auch die Nutzung tumorspezifischer Alterationen für eine verbesserte diagnostische Bildgebung an kliniknahen Modellsystemen bearbeitet.

Immer wieder mündeten die an Modellsystemen gewonnenen Einsichten in klinische Studien-Protokolle, in welchen die neu charakterisierten molekularen Zielstrukturen zum Ansatzpunkt aussichtsreicher Therapieansätze weiterentwickelt wurden.

Somit repräsentierte Herr Rosewicz beispielhaft die Person eines anwendungsorientierten Grundlagenforschers und Klinikers oder auch „translational researchers”.

Möglich war dies durch breite, interdisziplinäre Einbindung einer Vielzahl von klinischen Einrichtungen ebenso wie der pharmazeutischen Industrie und der medizintechnischen Industrie. Tragischerweise blieb ihm die Weiterentwicklung dieser äußerst viel versprechenden, innovativen Forschungskonzepte verwehrt.

Herr Rosewicz konnte über die Jahre in Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen mehrere Mio. Euro Fördermittel einwerben und i. R. seiner umfassenden Publikationen einen kumulativen Impactfaktor von über 450 Impact-Punkten mit einem durchschnittlichen IF von 7.0/ Originalarbeit vorweisen. Zusätzlich wurden ihm eine Vielzahl wissenschaftlicher Preise und Auszeichnungen wie z. B. der Paul-Martini-Preis (1995), der Thannhauser-Preis (1997), das W. Creutzfeldt-Stipendium (1998) und der AIO-Wissenschaftspreis (2002) zuteil.

Unsere Fachgesellschaft hat mit dem Ableben von Herrn Prof. Dr. Stefan Rosewicz nicht nur ein wissenschaftlich herausragendes Mitglied verloren. Unsere Fachgesellschaft trauert auch mit seiner Familie um einen liebenswerten Kollegen und Familienvater. Wir werden ihn in bleibender Erinnerung behalten.

Prof. Dr. B. Wiedenmann

Universitätsklinikum Charité, Campus Virchow-Klinikum, Medizinische Klinik mit Schwerpunkten Hepatologie und Gastroenterologie

Augustenburger Platz 1

13353 Berlin

Email: bertram.wiedenmann@charite.de

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