physioscience 2005; 1(1): 1-2
DOI: 10.1055/s-2005-858201
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Publication Date:
26 April 2005 (online)

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

herzlich willkommen zur 1. deutschen wissenschaftlichen Zeitschrift für Physiotherapie.

In Zeiten harter Kämpfe um die Verteilung der Gelder im Gesundheitswesen müssen sich Physiotherapeuten die Frage stellen, ob ihre therapeutischen Angebote wirksam sind. Indem wir Forschung betreiben, haben wir gleichzeitig die Chance, unsere Arbeit zu prüfen, wirksame Strategien zu etablieren und unwirksame Strategien zu unterlassen. Als Berufsgruppe, die noch in den akademischen Kinderschuhen steckt, müssen wir erste Schritte machen.

So bietet physioscience die Möglichkeit, wissenschaftliche Beiträge in deutscher Sprache zu lesen und zu schreiben. Jede Physiotherapeutin und jeder Physiotherapeut können z. B. an einem Fallbeispiel ihre Kriterien für die Befunderhebung, die Auswahl der Therapiemaßnahme und die Beurteilung ihrer Effekte darstellen. Packen wir’s gemeinsam an.

Abb. 1 Doris Brötz ist leitende Physiotherapeutin am Zentrum für Neurologie der Universitätsklinik Tübingen und Lehrkraft für Neurologie an der Schule für Physiotherapie der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen. Seit 1997 beschäftigt sie sich mit Studien zu den Themen Pusher-Symptomatik und Physiotherapie bei Patienten mit lumbalen Bandscheibenvorfällen.

Doris Brötz (Abb. 1)

Als Kollegin, die ihre Ausbildung in Deutschland absolviert hat, jetzt aber auf der anderen Seite des Globus in „Down Under” lebt, habe ich stets mit großem Interesse die Entwicklung der Physiotherapie in Deutschland verfolgt. In Australien hat sie einen hohen Stellenwert, und die Akademisierung sowie die Forschung sind eine Selbstverständlichkeit. Es werden qualitativ hochwertige wissenschaftliche Studien durchgeführt und international veröffentlicht.

Ich freue mich sehr über die Entstehung der Zeitschrift physioscience, weil sie die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse auf allen physiotherapeutischen Gebieten im deutschsprachigen Raum ermöglicht. Sie legt einen wichtigen Grundstein für die Weiterentwicklung unseres Berufsstandes und unsere nationale und internationale Anerkennung. Darüber hinaus bin ich sehr froh, an diesem wichtigen Projekt mitzuarbeiten und die internationale Perspektive dazu beisteuern zu dürfen.

Abb. 2 Brigitte van der Heide, Grad Dip Manip Ther, MSc, ist Physiotherapeutin mit eigener Praxis in Fremantle, Australien. Zudem ist sie Clinical Educator von Physiotherapiestudenten in Aus- und Weiterbildung an der Curtin University of Technology in Perth, Australien.

Brigitte van der Heide (Abb. 2)

Schon viele schlaue Menschen haben sich den Kopf darüber zerbrochen, dass Wissen und Macht miteinander in Zusammenhang stehen. Über die Tatsache, dass Wissen aber auch mit dem eigenen Selbstverständnis und Selbstbewusstsein und mit der Praxis verbunden ist, muss sich die Physiotherapie in Deutschland noch viele Gedanken machen. Diesen Prozess zu unterstützen, darin sehe ich den Sinn dieser neuen Fachzeitschrift und ein aktiver Teil davon zu sein, betrachte ich als meine Aufgabe.

Ich hoffe, dass Physiotherapeuten aus allen Bereichen - egal wie erfahren in der Forschung und im wissenschaftlichen Arbeiten - durch die physioscience motiviert werden, sich mit dem eigenen Wissen auseinander zu setzen. Mein Wunsch ist, Wissenschaft möge nicht nur in einer Nische entstehen, sondern durch diese Zeitschrift ein Forum bekommen und sich in den Köpfen der Physiotherapeuten breit machen. Darüber hinaus hoffe ich, in diesem Rahmen wird deutlich, dass nicht nur randomisierte und kontrollierte klinische Studien saubere wissenschaftliche Arbeiten ausmachen, sondern auch bestehendes Wissen aus der Praxis seine Berechtigung hat.

Wir leben in einer Zeit, in der Wissen sehr schnell veraltet und überholt sein kann, und sich heute als Wahrheit betrachtete Sachverhalte schon morgen als völlig falsch herausstellen können. Je schnelllebiger unsere Zeit wird, umso wichtiger ist es, sich mit der Schnelllebigkeit von Wissen auseinander zu setzen. Da es nicht einfach ist, sich in dieser Flut von Wissen nicht zu verlieren, möchte ich alle Leserinnen und Leser dazu ermutigen, die Beiträge wachsam und kritisch zu lesen und selbstbewusst mit zu diskutieren. Die Wissenschaft in der deutschen Physiotherapie steckt zwar noch in den Kinderschuhen, aber erste Schritte sind bereits getan. Es wäre schön, wenn dieser Wachstumsprozess in der physioscience abgebildet würde.

Abb. 3 Kirstin-Friederike Heise, BSc, MSc, ist Physiotherapeutin und arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Neurologischen Rehabilitation an der Charité Berlin. Derzeit verfasst sie eine wissenschaftliche Arbeit an der Deutschen Sporthochschule Köln.

Kirstin-Friederike Heise (Abb. 3)

Ich freue mich über die Aufgabe als Herausgeberin der physioscience, weil ich von der Bedeutung der Wissenschaft für den Fortbestand und die Weiterentwicklung unseres Berufes in Deutschland überzeugt bin. So sehr Deutschland im internationalen Vergleich auch „hinterherzuhinken” scheint, ist auf diesem Gebiet derzeit doch sehr viel in Bewegung. Vielleicht dauert es noch einige Jahre, bis wir uns mit anderen Ländern vergleichen können, aber unterschwellig „boomt” das Interesse an der Forschung bereits. Seien Sie dabei, es wird spannend werden!

Abb. 4 Kerstin Lüdtke, MSc, ist Physiotherapeutin im Rückenzentrum am Michel in Hamburg. Sie forscht dort zum Thema Rückenschmerzen.

Kerstin Lüdtke (Abb. 4)

Der Wunsch, die Berufe im Gesundheitswesen - insbesondere die Physiotherapie - in Deutschland dem internationalen bzw. dem europäischen akademischen Niveau anzugleichen, war schon immer der Motivationsmotor meines beruflichen Handelns. So kommt es nicht von ungefähr, dass ich als Physiotherapeutin und Wissenschaftlerin die Veröffentlichung von Erkenntnissen aus dem Bereich der wissenschaftlichen Auseinandersetzung einer Disziplin für einen unverzichtbaren Bestandteil halte.

Die Entwicklungen seit 2001 haben für die deutsche Physiotherapie gezeigt, dass sie - ohne ihre derzeitige Verfasstheit im Rahmen des deutschen Gesundheitswesen aus dem Blick zu verlieren - reif ist, den Sprung in die wissenschaftlich europäische, wenn nicht sogar internationale Riege zu wagen. Dazu gehört auch, für die Ergebnisse ihrer beginnenden wissenschaftlichen Auseinandersetzungen Räume zu eröffnen und Medien zu schaffen, die diese der interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen. Wissenschaft lebt von der Auseinandersetzung mit ihren Erkenntnissen in einem öffentlichen Diskurs. Hierzu bieten wissenschaftliche Fachzeitschriften eine besonders gute Gelegenheit und Chance für die Berufsangehörigen.

physioscience schafft diese Möglichkeit, und ich als Mitherausgeberin sehe eine große Herausforderung darin, mit der gebotenen Sorgfalt und Ausgewogenheit die „keimende Pflanze” physiotherapeutischer Wissenschaftlichkeit in Deutschland zu befördern.

Abb. 5 Annette Probst ist Physiotherapeutin, Diplom-Erwachsenenpädagogin und Professorin für Physiotherapie an der Fachhochschule Hildesheim. Ihr besonderes Interesse gilt der qualitativen Forschung und ihre Forschungsschwerpunkte sind die Theorieentwicklung in der Physiotherapie mit Blick auf Professional Continuing Development sowie das Qualitätsmanagement als Teil der Organisationsentwicklung in Organisationen des Gesundheitswesens.

Prof. Annette Probst (Abb. 5)

Ich gebe physioscience mit heraus, weil ich Forschung interessant und wichtig finde und andere mit meiner Begeisterung anstecken will.

Udo Wolf (Abb. 6)

Abb. 6 Udo Wolf, BSc, ist Physiotherapeut und Leiter der Physiotherapieabteilungen am Klinikum der Philipps-Universität Marburg. Zudem ist er Studiengangsleiter des gemeinsamen Bachelor- und Master-Studiengangs der Fachhochschule Fulda und der Universität Marburg. Sein Forschungsschwerpunkt ist das Thema chronischer Rückenschmerz.

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