Der Klinikarzt 2005; 34(12): 348
DOI: 10.1055/s-2005-925907
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Herz und Diabetes

Stephan Jacob
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Publication Date:
04 January 2006 (online)

Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 sind heute nicht mehr durch akute Stoffwechselentgleisungen, sondern vielmehr durch vaskuläre Schäden gefährdet. Das kardiovaskuläre Risiko erhöht sich jedoch nicht erst im Stadium eines manifesten Diabetes, sondern bereits im Stadium des Prä-Diabetes. Andererseits sind aber auch bei fast zwei Dritteln der Patienten mit koronarer Herzkrankheit bisher nicht bekannte Störungen des Glukosestoffwechsels zu finden. Daher wird immer deutlicher, wie eng der Zusammenhang zwischen Glukosestoffwechsel und kardiovaskulären Erkrankungen ist (s. Artikel Jacob und Leschke).

Als ein wesentliches Bindeglied zwischen Stoffwechsel und vaskulären System gilt die verminderte Insulinsensitivität der Glukoseaufnahme. Bereits in jungem Alter lässt sich eine endotheliale Dysfunktion nachweisen, die eng mit dieser Insulinresistenz assoziiert ist. Die Beziehungen zwischen vaskulärem und metabolischem System erklären Rittig et al., Tübingen, in ihrem Beitrag.

Ein weiterer wichtiger Faktor des metabolischen Syndroms ist der erhöhte Blutdruck. Selbst bei Normgewichtigen sind Insulinsensitivität und Hypertonie eng verknüpft, und bei einem sehr großen Anteil der Hochdruckpatienten liegt bereits eine Insulinresistenz vor. Daher sollten bei der Behandlung der Hypertonie auch die Effekte auf den Stoffwechsel beachtet werden. Zwar ist seit langem bekannt, dass bestimmte Medikamente diesen ungünstig beeinflussen und mit einer erhöhten Inzidenz an Diabetes mellitus Typ 2 einhergehen, dennoch haben erst die neueren Veröffentlichungen - besonders die Metaanalysen mit Atenolol - Anlass gegeben, die (älteren) Therapieprinzipien der Hochdrucktherapie wie die b1-selektiven Betarezeptorenblocker zu überdenken. In einem Editorial in Lancet wurde dann auch prompt gefragt, ob damit das Ende der Betarezeptorenblockade bei der unkomplizierten Hypertonie eingeläutet werde. Eindeutig ist auch, dass besonders bei der Kombination Hypertonie und Diabetes mellitus Typ 2 eine strenge Blutdruckeinstellung erforderlich ist, wie Scholze et al., Berlin, in ihrem Artikel ausführen.

Das metabolische Syndrom beschreibt das gemeinsame Auftreten wichtiger kardiovaskulärer Risikofaktoren, in dessen Zentrum die Insulinresistenz steht. Es findet sich im klinischen Alltag gerade bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 sehr häufig (zu über 80 %) und erfordert ein über die Korrektur der Hyperglykämie hinausgehendes Vorgehen. Die Autorengruppe um Professor Hanefeld, Dresden, einem der renommiertesten Forscher auf diesem Gebiet, gibt einen Überblick über das multimodale Management gegen das metabolische Syndrom. Dies muss frühzeitig erfolgen, um drohende kardiovaskuläre Komplikationen (den „Big Bang”) zu verhindern.

Bestehen diese erst einmal, dann benötigt der herzkranke Diabetiker ein noch engeres und strengeres Management der kardiovaskulären Risikofaktoren. Dazu zählt eine „aggressive” Akuttherapie sowie eine konsequente chronische, evidenzbasierte Therapie. Professor Motz, Karlsburg, beschreibt die Besonderheiten aus kardiologischer Sicht.

Im Vordergrund aller Bemühungen steht der Gefäßschutz - eine vaskulär orientierte Therapie. Daher erfordert die Betreuung dieser vaskulären Hochrisikogruppe eine engmaschige Kontrolle aller Risikofaktoren sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen Hausarzt, Kardiologen, Gefäßmediziner und Diabetologen.

PD Dr. Stephan Jacob(Gasteditor)

Villingen-Schwenningen

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