Ernährung & Medizin 2006; 21(3): 103-104
DOI: 10.1055/s-2006-951682
Gasteditorial
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CRP-Test als Biomarker für kardiovaskuläres Risiko?

Silke Brockmann1
  • 1Fachärztin für Allgemeinmedizin, Umweltmedizin, Abteilung für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf
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Publication Date:
19 September 2006 (online)

CRP ist kein unabhängiger Risikofaktor für KHK

„CRP sagt mehr über das KHK-Risiko aus als LDL-Cholesterin”. Daraus leitet sich eine vielfach ausgesprochene Empfehlung ab, high-sensitives C-reaktives Protein (hs-CRP) routinemäßig zu messen, um Patienten mit einem erhöhten Risiko für eine Koronare Herzkrankheit (KHK) oder ein kardiovaskuläres Ereignis zu identifizieren. Von einem geeigneten Biomarker für Atherosklerose ist die Rede [1]. Die Befürworter des Tests verweisen auf Ergebnisse der Harvard"s Women Health Study, wonach die Teilnehmerinnen ein höheres Risiko für die Erkrankung bzw. den vorzeitigen Tod an einem kardiovaskulären Ereignis hatten, die zu der Gruppe mit den höchsten hs-CRP-Werten gehörten [2]. Die Personengruppe wies allerdings auch aufgrund klassischer Risikofaktoren (z. B. Blutdruck, Rauchen, Diabetes) das höchste Risiko für KHK auf. Und in der Personengruppe mit den niedrigsten hs-CRP-Werten waren auch die klassischen Risikoscores für kardiovaskuläre Erkrankungen am niedrigsten.

Produzieren also die Risikoparameter oder Noxen selbst etwas höhere hs-CRP-Werte bzw. sind sie mit ihnen assoziiert? Bisher wurde eine solche Korrelation zum Übergewicht [3] und zum Diabetes [4] gezeigt. Die Befürworter des Tests wünschen sich, dass die über CRP identifizierten Risikopatienten daran arbeiten, ihren CRP-Wert zu verbessern, in dem sie ihr Gewicht oder ihren Nikotinkonsum reduzieren oder die Blutdruck- bzw. Diabetes-Einstellung verbessern helfen („lifestyle change”).

Liefert der CRP-Test nun weitergehende Informationen über das Risiko eines Patienten für z. B. KHK, oder ist er ein redundanter Test, der nur noch mal bestätigt, was auch mit der Bestimmung des Gesamtrisikos anhand klassischer kardiovaskulärer Risikofaktoren in Anamnesegesprächen ermittelt wird? Der Informationsgewinn durch den CRP-Test zur Vorhersage des Auftretens einer KHK ist nicht groß bzw. klinisch nicht relevant [5] [6]. Auch der Versuch, CRP als unabhängigen Prädiktor für das vorzeitige Versterben von Menschen mit Diabetes oder kardiovaskulären Erkrankungen einzuführen[7], überzeugt nicht, da hier nur mit einzelnen Risikofaktoren, nicht jedoch mit dem relevanten Gesamtrisiko verglichen wurde.

Wie hoch das Risiko für eine KHK bei mäßiger CRP-Erhöhung ist, ist unbekannt. Ein allgemeines Screening auf CRP macht also keinen Sinn. Es würde zudem eine falsche Beruhigung bei den Menschen auslösen, die „Normalwerte” haben, aber - ermittelt über die klassischen Risikofaktoren - ein erhöhtes Gesamtrisiko. Und die, die trotz „erhöhter” CRP-Werte kein erhöhtes Risiko haben, würden unnötig in Angst versetzt - von den Kosten des Screenings ganz zu schweigen.

Der CRP-Wert ist zwar verknüpft mit anderen kardiovaskulären Risikofaktoren, aber er ist kein unabhängiger Risikoindikator. Selbst wenn er das wäre, wäre das klinisch nicht relevant, da die betroffenen Patienten schon aufgrund der klinischen Risikoklassifizierung ein Maximum an Prävention betreiben sollten.

Erfolgt die Werbung für diesen Test dann aufgrund anderer Interessen, z. B. dem, Testgeräte und Reagenzien abzusetzen? Und warum setzen manche Kardiologen auf einen Labortest zur Identifizierung des Risikos (siehe auch Untersuchungen zu Adiponectin [8])? Möchten sie lieber einen Suchtest auf einen Biomarker anbieten [9], als mit den Patienten ins Gespräch zu kommen? Oder wünschen sie sich einen neuen „Parameter” für Verlaufskontrollen und eine Patientenanbindung, nachdem der Cholesterinwert in seiner Bedeutung hierfür zurückgedrängt worden ist?

Literatur

  • 1 Koenig W, Hoffmeister A, Khuseyinova N. et al . Atherosklerose als inflammatorischer Prozess: C-reaktives Protein und koronares Risiko.  Dtsch Ärztebl. 2003;  100 A117-126
  • 2 Ridker P M, Buring J M, Cook N R. et al . C-reactive protein, the metabolic syndrome, and risk of incident cardiovascular events. An 8-year follow-up of 14 719 initially healthy American women.  Circulation. 2003;  107 391-397
  • 3 Tehernof A, Nolan A, Sites C T. et al . Weight loss reduces C-reactive protein levels in obese postmenopausal women.  Circulation. 2002;  105 564-569
  • 4 Fröhlich M, Imhof A, Berg G. et al . Association between C-reactive protein and features of the metabolic syndrome.  Diabetes Care. 2000;  23 1835-1839
  • 5 Danesh J, Wheeler J G, Hirschfield G M. et al . C-reactive protein and other circulating markers of inflammation in the prediction of coronary heart disease.  N Engl J Med. 2004;  350 1387-1397
  • 6 Pai J K, Pischon T, Ma J. et al . Inflammatory markers and the risk of coronary heart disease in men and women.  N Engl J Med.. 2004;  351 2599-2610
  • 7 Linnemann B, Voigt W, Nobel W. et al . C-reactive Protein is a strong independent predictor of death in Type 2 Diabetes: Association with multiple facets of the metabolic syndrome.  Exp Clin Endocrinol Diabetes. 2006;  114 127-134
  • 8 Rothenbacher D, Brenner H, März W. et al . Adiponectin, risk of coronary heart disease and correlations with cardiovascular risk markers.  Eur Heart J. 2005;  26 1640-1646
  • 9 Koenig W, Meisinger C, Baumert J. et al . Systemic low-grade inflammation and risk of coronary heart disease: Results from the MONICA/KORA Augsburg Cohort Studies.  Gesundheitswesen. 2005;  67 (Suppl.1) 62-67
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