Fortschr Neurol Psychiatr 1989; 57(7): 281-298
DOI: 10.1055/s-2007-1001154
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Sind kinder- und jugendpsychiatrische Erkrankungen Vorstufen psychiatrischer Erkrankungen des Erwachsenenalters?

Are Psychiatrie Diseases in Children and Adolescents Predecessors of Psychiatric Diseases in Adults?H.  Remschmidt , Beate  Herpertz-Dahlmann
  • Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Philipps-Universität Marburg
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Publication Date:
09 January 2008 (online)

Abstract

There are many factors that influence the manifestation and course of child psychiatric disorders. Such influences are: genetic factors and temperament, natural course of the disorder, developmental factors, age and sex, socio-familiar influences, systematic influences and accidental influences, risk factors and protective factors.

With regard to the course of child psychiatric disorders, three types can be distinguished: disorders which continue into adulthood (continuity type), disorders with strong dependence on developmental factors, diminishing from childhood to adulthood, and newly manifested disorders starting during adolescence and following the same rules as psychiatric disorders in adulthood. In this regard the continuity hypothesis applies only to some child psychiatric disorders and not to others. Besides the three types concerning the course of child psychiatric disorders, it should be mentioned that some disorders change their symptomatology on the way to adulthood. For example, hyperkinetic children frequently develop antisocial behaviour, delinquency and alcoholism during adult age.

Zusammenfassung

Manifestation und Verlauf kinder- und jugendpsychiatrischer Erkrankungen hängen von zahlreichen Faktoren ab, die mitverantwortlich dafür sind, ob eine Erkrankung sich ins Erwachsenenalter fortsetzt oder nicht. Im einzelnen sind dies: genetische Faktoren und Temperamentseigenschaften, Eigengesetzlichkeit der Erkrankung, Entwicklungseinflüsse, Alter und Geschlecht, soziofamiliäres Umfeld, systematische und zufallige Einwirkungen, Risikofaktoren und protektive Faktoren.

Unter Verlaufsgesichtspunkten kann man drei Typen von kinder- und jugendpsychiatrischen Erkrankungen unterscheiden: solche, die sich kontinuierlich ins Erwachsenenalter fortsetzen, solche, die ausgesprochen entwicklungsabhängig sind und sich bis zum Erwachsenenalter zurückbilden und schließlich solche, die in der Adoleszenz einen Häufigkeitsanstieg erfahren (sogenannte neuauftretende Erkrankungen) und ähnlichen Gesetzmäßigkeiten folgen wie psychiatrische Erkrankungen im Erwachsenenalter. Insofern kann nur ein Teil der kinder- und jugendpsychiatrischen Erkrankungen als Vorläufer psychiatrischer Erkrankungen des Erwachsenenalters angesehen werden. Neben den drei genannten Verlaufstypen gilt für manche Störungen noch der Gesichtspunkt des Wandels der Symptomatik im Längsschnitt. So entwickeln hyperkinetische Kinder im Erwachsenenalter häufig dissoziale Störungen, Delinquenz und Alkoholismus.

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