Dtsch Med Wochenschr 1998; 123(34/35): 991-996
DOI: 10.1055/s-2007-1024109
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das supraselläre Meningeom: Ein immer noch häufig sehr spät erkanntes Krankheitsbild

Suprasellar meningioma - still too often diagnosed too lateM. J. A. Puchner1 , R. C. M. Fischer-Lampsatis1 , 2 , H.-D. Herrmann1 , N. Freckmann1 , 3
  • 1Neurochirurgische Klinik (Direktor: Prof. Dr. H.-D. Herrmann), Universitätskrankenhaus Eppendorf, Hamburg
  • 22. Abteilung für Innere Medizin (Chefarzt: Prof. Dr. K.-P. Hellriegel), Krankenhaus Moabit, Berlin
  • 3Abteilung für Neurochirurgie (Chefarzt: Privatdozent Dr. N. Freckmann), Berufsgenossenschaftliches Unfallkrankenhaus Hamburg
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Publication Date:
25 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Grundproblematik und Fragestellung: Nach wie vor wird bei Patienten mit suprasellären Meningeomen erst sehr spät die richtige Diagnose gestellt. Das Ziel unserer Untersuchung besteht darin, den Einfluß dieser Verzögerung auf das ophthalmologische Langzeitergebnis bei den Patienten darzustellen.

Patienten und Methodik: Im Rahmen einer retrospektiven Studie wurden alle 53 in unserer Klinik konsekutiv von 1982 bis 1991 an einem suprasellären Meningeom operierten Patienten (47 Frauen, 6 Männer, durchschnittliches Alter 49,5 Jahre) kontaktiert. 46 der 49 noch lebenden Patienten willigten in die zu Studienzwecken durchgeführten Nachuntersuchungen ein. Das Ausmaß der präoperativen Sehstörungen, die Tumorgröße, das Vorliegen einer Nervus-opticus-Atrophie und die Dauer der Sehstörungen, die als indirekte Parameter für die Schnelligkeit der Diagnosestellung angesehen werden können, wurden auf ihren Einfluß auf das ophthalmologische Langzeitergebnis hin analysiert.

Ergebnisse: Im Mittel wurde die Diagnose eines suprasellären Meningeoms 22,3 Monate nach Einsetzen erster Sehstörungen gestellt. Mit Hilfe der genannten Parameter konnte nachgewiesen werden, daß die ophthalmologischen Langzeitergebnisse umso schlechter waren, je später bei den Patienten die richtige Diagnose gestellt wurde.

Folgerungen: Die häufig sehr späte Entdeckung suprasellärer Meningeome als Ursache progredienter Sehstörungen ist ein internationales Problem und liegt vermutlich an der relativ geringen Inzidenz dieser Tumoren (1-2 Erkrankungen pro 1 000 000 Einwohner pro Jahr). Um die ophthalmologischen Langzeitergebnisse zu verbessern, müssen die erstversorgenden Ärzte sich der Differentialdiagnose einer durch Tumordruck induzierten Sehstörung bewußter werden.

Abstract

Background and objective: Suprasellar meningioma continues to be diagnosed very late after the onset of first eye symptoms. This study was aimed at demonstrating the effect of delay on the long-term visual loss.

Patients and methods: In the course of a retrospective study all 53 consecutive patients operated on for suprasellar meningioma from 1982 to 1991 were contacted (47 women, 6 men; average age 49.5 years) 46 of the 49 surviving consented to the follow-up investigation. The extent of preoperative visual loss, tumour size, presence of optic nerve atrophy and duration of visual loss, data that provide an indirect measure of how soon the correct diagnosis was made, were analysed with regard to their effect on long-term ophthalmological results.

Results: The mean period elapsing from onset of first visual symptoms to the definitive diagnosis of suprasellar meningioma was 22.3 months. The data showed that the long-term results were the worse the later the diagnosis was made.

Conclusions: The commonly very late diagnosis of suprasellar meningioma as cause of visual loss is an international problem and is presumably due to the low incidence of the tumour (1-2 cases per 1 mill. population per year). If long-term results are to be improved, primary care doctors must be made aware of the differential diagnosis of visual loss caused by pressure from a tumour.

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