ergoscience 2008; 3(1): 1
DOI: 10.1055/s-2007-963775
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

S. Dreier
Further Information

Publication History

Publication Date:
11 January 2008 (online)

Das 1. Heft eines neuen Jahres fordert zu einem Blick in die Zukunft auf! Um die Zukunft der Ergotherapie mitzugestalten, ist ein Blick zurück in unsere Geschichte wichtig, um Altes, was uns wertvoll ist, zu bewahren und Neues zu entwickeln.

Wie auch in ergoscience zum Ausdruck kommt, belebt und beeinflusst die Sicht über den eigenen Tellerrand die Entwicklung der Ergotherapie. Dazu gibt es in diesem Heft verschiedene Beiträge und Gedanken. Zur Diskussion steht immer wieder die Frage, wie weit wir Modelle und Systematiken aus anderen Ländern mit einem anderen kulturellen Hintergrund direkt und ohne Überprüfung übernehmen können. In allen 3 deutschsprachigen Ländern steht die Ausbildung im Mittelpunkt vieler Diskussionen. Die Akademisierung unseres Berufes bringt Veränderungen mit sich und wirft grundsätzliche Fragen auf.

Silvia Öhlinger geht in ihrer Arbeit aus österreichischer Perspektive der Frage nach, welche Kompetenzen von zukünftigen Bachelor-Studenten erwartet und gefordert werden sollen. In ihren Forschungsergebnissen wird deutlich, dass diese vorwiegend den sozial-kommunikativen Bereich und die Selbstkompetenz betreffen.

Es ist keine neue Erkenntnis, dass im ergotherapeutischen Prozess die Person des Therapeuten eine wichtige Rolle spielt. Renée Taylor nimmt in ihrem Artikel einen Review der amerikanischen ergotherapeutischen Fachliteratur zum Thema Use of self vor und identifiziert Wissenslücken in diesem Bereich. Dies führt zur Entwicklung des von ihr vorgestellten Modells der intentionalen Beziehung (siehe auch Kongresskalender).

Nach einer Pilotstudie zum Selbsteinschätzungsbogen für Alltagstätigkeiten [1] legen die Autoren Christoph Bassler, Rainer Leonhart und Sebastian Voigt-Radloff die Resultate einer weiteren Studie vor, in der sie mit Ergotherapieklienten im arbeitstherapeutischen Bereich Praktikabilität, inhaltliche Validität und interne Konsistenz des Selbsteinschätzungsbogens überprüften (S. 13). Der Bogen ist nun bereit zum Praxiseinsatz und dient sowohl der Informationsgewinnung als auch der Therapiezielsetzung. Die Autoren weisen gleichzeitig auf weitere notwendige Studien hin.

Im Zusammenhang mit der Ausbildung an den Fachhochschulen ist die Frage nach einem Rahmenwerk für die Praxis der Ergotherapie immer wieder ein wichtiges Thema. Der amerikanische Berufsverband schaffte mit dem Occupational Therapy Practice Framework (OTPF) ein Instrument, um die Gegenstände der Ergotherapie und ihre Prozessabläufe systematisch zu erfassen. Das Framework wird von Heidrun Becker anhand eines Artikels aus dem Indian Journal of Physiotherapy and Occupational Therapy dargestellt und diskutiert (S. 34).

Beim 2. Schweizerischen Ergotherapiekongress Ende Oktober 2007 in Basel ging das Team des Instituts für Ergotherapie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften in seiner Präsentation ebenfalls auf dieses Framework ein, da es dem Curriculum des Ausbildungsgangs als Grundlage dient. Der entsprechende Veranstaltungsbericht geht darauf kurz ein (S. 38).

Auch der Leserbrief Zukunft der Ergotherapie weist auf das OTPF hin, dessen Autorin bedauert, dass uns in Europa ein solcher Rahmen noch fehlt (S. 2). Sie macht sich außerdem Gedanken zu unserem Verständnis von Handlung und Handlungsfähigkeit und weist darauf hin, dass auch die Neurowissenschaften als theoretische Grundlage vermehrt mit einbezogen werden müssen.

Auch im Jahr 2008 werden uns Fragen im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung unseres Berufes beschäftigen. Ein wichtiges Anliegen unsererseits besteht darin, bei Studienergebnissen immer wieder die Frage zu stellen, wie diese für die Praxis nutzbar gemacht werden können. Um diese anspruchsvollen Aufgaben zu bewältigen, ist das Engagement aller gefragt!

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns auf einen regen Austausch mit Ihnen und laden Sie ein, sich auch im neuen Jahr mit Beiträgen und Leserbriefen an den Diskussionen zu beteiligen. Die Weiterentwicklung unseres Berufes ist unsere gemeinsame Aufgabe!

Für das Herausgeberteam

Susi Dreier

Literatur

  • 1 Voigt-Radloff S. Das Ergotherapeutische Assessment - Praktikabilitätsstudie zum Selbsteinschätzungsbogen für Alltagsaktivitäten.  ergoscience. 2007;  2 66-72

Susi Dreier

Nonnenweg 13

CH-4055 Basel

Email: su.drei@balcab.ch

    >