Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date 2007; 1(2): 105-122
DOI: 10.1055/s-2007-965487
Unterer Gastrointestinaltrakt, Koloproktologie

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Divertikulose und Divertikelkrankheit des Kolons

C.-T. Germer1 , C. Jurowich1 , C. Isbert1
  • 1Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, Klinikum Nürnberg-Nord
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Publication Date:
01 August 2007 (online)

Die Divertikulose des Kolons ist eine der häufigsten gutartigen Veränderungen des Gastrointestinaltraktes. Unter dem Begriff der Divertikelkrankheit werden alle Krankheitsbilder zusammengefasst, die von Dickdarmdivertikeln ausgehen. Die wichtigsten Formen sind die akute und die chronisch rezidivierende Divertikulitis sowie die Divertikelblutung. Grundlage für eine stadiengerechte Behandlung der Divertikulitis ist neben der Kenntnis des Spontanverlaufs der Erkrankung eine prätherapeutische Stadieneinteilung auf der Basis klinischer Befunde und bildgebender Verfahren (CT mit rektaler Kontrastmittelgabe, Ultraschall). Das Behandlungsziel bei der akuten Sigmadivertikulitis ist die Beseitigung des entzündlichen Fokus entweder durch konservative oder chirurgische Maßnahmen. Grundprinzipien der konservativen Therapie der Divertikulitis sind eine Reduktion der oralen Nahrungszufuhr und eine kalkulierte Antibiotikatherapie. Grundprinzip der operativen Therapie der Divertikulitis ist die Entfernung des entzündungstragenden Darmsegmentes in aller Regel mit primärer Wiederherstellung der Darmkontinuität. Ob bei Vorliegen einer diffusen eitrigen oder kotigen Peritonitis eine primäre Reanastomosierung in gleicher Sitzung (einzeitiges Vorgehen) oder eine Resektion in der Diskontinuität mit Reanastomosierung in zweiter Sitzung (zweizeitiges Vorgehen) erfolgen soll, kann nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin nicht eindeutig beantwortet werden. Die laparoskopisch-assistierte Resektion kann als sicheres Verfahren eingestuft werden und stellt in vielen Fällen das Standardvorgehen dar. Allerdings sind die Vorteile des minimalinvasiven Vorgehens bei der Divertikulitis gegenüber der konventionellen OP-Methode nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Entscheidend für das Stellen der Operationsindikation bei der akuten Divertikulitis ist die Unterscheidung zwischen unkomplizierter und komplizierter Manifestationsform. Die akute unkomplizierte Divertikulitis wird in der Regel ausschließlich konservativ behandelt. Eine Ausnahme hiervon bilden immunsupprimierte Patienten, bei denen eine elektive Intervalloperation auch bei unkomplizierter Divertikulitis empfohlen wird. Bei komplizierter Divertikulitis besteht generell eine OP-Indikation, wobei der OP-Zeitpunkt in Abhängigkeit von Art der Komplikation und klinischem Bild notfallmäßig oder frühelektiv nach initial konservativer Therapie festzulegen ist. Die chronisch-rezidivierende Divertikulitis kann ebenfalls eine OP-Indikation darstellen. Der OP-Zeitpunkt ist nach individuellen Gesichtspunkten unter Berücksichtigung des Beschwerdebildes und der Komorbididität elektiv festzulegen. Eine generelle Empfehlung zur elektiven Intervalloperation nach dem 2. Schub einer chronisch-rezidivierenden Divertikulitis ist nicht mehr gerechtfertigt.

Divertikelblutungen sind die häufigste Ursache unterer gastrointestinaler Blutungen und manifestieren sich in der Regel unabhängig von Divertikelentzündungen. Die Diagnosestellung erfolgt durch endoskopische Methoden. Bei hoher Blutungsintensität ist bei fehlender endoskopischer Lokalisation der Blutungsquelle eine Angiographie indiziert. Die Indikation zur notfallmäßigen chirurgischen Intervention bei divertikelbedingten Blutungen ist gegeben bei Persistenz oder rezidivierender Transfusionspflichtigkeit trotz endoskopischer Blutstillung. Zum Zeitpunkt einer frühelektiven chirurgischen Intervention nach stattgehabter Divertikelblutung existieren keine allgemein gültigen Richtlinien. Bei gegebener OP-Indikation ist eine gezielte Kolonsegmentresektion indiziert, falls präoperativ eine sichere Lokalisation der Blutungsquelle gelingt. Bei fehlender sicherer Blutungslokalisation innerhalb des Kolons und Ausschluss von anderen Blutungsquellen im Gastrointestinaltrakt, ist die subtotale Kolektomie mit Ileorektostomie das Resektionsverfahren der Wahl.

Prof. Dr. C.-T. Germer

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie
Klinikum Nürnberg-Nord

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