Radiologie up2date 2007; 7(4): 303-318
DOI: 10.1055/s-2007-966997
Muskuloskelettale Erkrankungen

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Periostreaktionen: Ätiologie, radiologische Klassifikation und Differenzialdiagnose

Periostal reactions: etiology, radiological classification and differential diagnosisK.  Wörtler
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Publication Date:
28 November 2007 (online)

Zusammenfassung

Periostreaktionen sind fundamentale radiologische Befunde einer Vielzahl von Knochenerkrankungen, deren Morphologie Rückschlüsse auf die biologische Aktivität des auslösenden pathologischen Prozesses zulässt. Die korrekte Klassifikation ihrer Mineralisationsmuster stellt einen wichtigen Teilaspekt der Analyse konventioneller Röntgenaufnahmen dar, die letztlich den Ausgangspunkt für jegliche weitere Diagnostik bilden sollte.

Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die Anatomie und Pathophysiologie des Periosts, die Darstellung periostaler Veränderungen mittels radiologischer und nuklearmedizinischer Verfahren, die radiographische Klassifikation von Periostreaktionen und die sich daraus ergebende Differenzialdiagnostik.

Abstract

Periosteal reactions are fundamental radiologic findings observed in a wide variety of bone diseases, the morphology of which relates to the biologic activity of the underlying pathologic process. The correct classification of their patterns of mineralisation represents an important aspect of the analysis of conventional radiographs, which should be the starting point of any further investigations.

This article reviews the anatomy and pathophysiology of the periosteum, the depiction of periosteal changes with radiologic methods and skeletal scintigraphy, the radiographic classification of periosteal reactions, and the resulting differential diagnoses.

Kernaussagen

Anatomie

Das Periost besteht aus einer äußeren Faserschicht (Stratum fibrosum) und einer inneren Wachstumsschicht (Kambiumschicht). Im Kindesalter ist es deutlich dicker, weniger stark an der Knochenoberfläche fixiert und weist eine höhere Basisaktivität auf als bei Erwachsenen. Im Gelenkbereich stellt die Gelenkkapsel die Fortsetzung des Periosts dar.

Periostreaktionen

Periostreaktionen sind unspezifische histologische und radiologische Reaktionsmuster der Knochenhaut als Antwort auf einen Reiz, welcher einer Periostabhebung, einer passiven Hyperämie, einem Ödem, einer Destruktion der Kortikalis, einer chemischen Aktivierung oder einer Änderung der mechanischen Belastungssituation entsprechen kann.

Der Zeitraum zwischen dem Beginn einer Periostaktivierung und dem Auftreten einer im Röntgenbild erkennbaren Periostreaktion beträgt in Abhängigkeit vom Alter des Patienten einige Tage bis mehrere Wochen.

Periostreaktionen können Folge von Traumen, entzündlichen Prozessen, Tumoren, Perfusionsstörungen, lokaler Hypoxie und Stoffwechselstörungen sein. Differenzialdiagnostisch sind auch die insgesamt seltenen primären Periosterkrankungen zu berücksichtigen.

Die Morphologie einer Periostreaktion lässt Rückschlüsse auf die biologische Aktivität des auslösenden pathologischen Prozesses zu.

Bildgebung

Das Röntgenbild ist die Basisuntersuchung, um periostale Veränderungen nachzuweisen und zu klassifizieren. Physiologische Periostappositionen sind differenzialdiagnostisch zu berücksichtigen.

Die CT ermöglicht auch in Regionen mit komplexer Skelettanatomie eine Erkennung und Klassifizierung von Periostreaktionen.

Die MRT kann Periostreaktionen zwar früh und sensitiv nachweisen, ist zu ihrer Klassifizierung jedoch letztlich ungeeignet. Die Stärke der MRT liegt in der Darstellung von Veränderungen des Knochenmarks und der dem Periost benachbarten Weichteile.

Mit der Skelettszintigraphie können periostale Osteoblastenaktivierungen nachgewiesen werden („parallel track sign” an langen Röhrenknochen). Das Verfahren ist insbesondere geeignet, um zwischen monostotischen und oligo-/polyostotischen Periostveränderungen zu unterscheiden.

Klassifikation

Periostreaktionen lassen sich einteilen in kontinuierliche Periostreaktionen mit oder ohne Destruktion der Kortikalis, unterbrochene Periostreaktionen und komplexe Periostreaktionen.

Periostschalen sind kontinuierliche Periostreaktionen mit Kortikalisdestruktion, die fast ausschließlich bei Knochentumoren auftreten.

Kontinuierliche Periostreaktionen mit erhaltener Kortikalis können Symptom einer Vielzahl systemischer und fokaler Knochenerkrankungen sein. Während der solide Typ und die einzelne Periostlamelle eher für einen benignen Prozess sprechen, ist beim lamellären und spikulären Typ differenzialdiagnostisch u. a. auch an maligne Tumoren zu denken.

Unterbrochene und komplexe Periostreaktionen zeigen in der Mehrzahl der Fälle einen hochaggressiven Knochenprozess an.

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Priv.-Doz. Dr. med. Klaus Wörtler

Institut für Röntgendiagnostik
Technische Universität München
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