Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 1997; 32(6): 333-342
DOI: 10.1055/s-2007-995065
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Niedrig dosiertes Dopamin verbessert die Nierenfunktion: Derzeitiger Kenntnisstand und Bewertung einer kontroversen Diskussion

Dopamine Preserves Renal Function: Present State of Knowledge and Appraisal of a Controversial IssueD. Kindgen-Milles, J. Tarnow
  • Institut für Klinische Anästhesiologie Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Publication Date:
22 January 2008 (online)

Zusammenfassung

Niedrig dosiertes Dopamin (1 - 3 μg × kg-1 × min-1) bewirkt eine Zunahme von Nierendurchblutung, glomerulärer Filtration, Diurese und Natriurese. Diese Eigenschaften sind der Grund dafür, daß Dopamin bei Patienten nach wie vor häufig eingesetzt wird in der Erwartung, eine normale Nierenfunktion aufrechterhalten oder aber eine akute Nierenfunktionsstörung behandeln zu können. In zahlreichen klinischen Untersuchungen an Patienten mit einem Risiko für die Entstehung eines akuten Nierenversagens oder mit bereits eingetretener Verschlechterung der Nierenfunktion ließ sich jedoch bisher eine Verringerung der Inzidenz eines dialysepflichtigen Nierenversagens oder der Letalität nicht schlüssig nachweisen, obwohl Dopamin stets Diurese und Natriurese steigerte. Der Nachweis eines protektiven Dopamineffektes war bei vielen publizierten Untersuchungen vor allem auf Grund methodischer Mängel nicht möglich. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die vielfach zu kleinen Patientenzahlen, das Fehlen von Kontrollgruppen, eine gleichzeitig induzierte Steigerung des Herzzeitvolumens, die fehlende Differenzierung von tubulären Dopamineffekten (Hemmung der Natriumrückresorption) von einer HZV-bedingten und einer dopamin-spezifischen (HZV-unabhängigen) Zunahme der glomerulären Filtration sowie die Uneinheitlichkeit der für die Beurteilung der Nierenfunktion herangezogenen Variablen (Kreatinin-Clearance, Diurese, Natriurese, fraktionelle Natriumausscheidung). Darüberhinaus müssen potentiell günstige Effekte von Dopamin gegen mögliche Nebenwirkungen abgewogen werden, welche insbesondere die Splanchnikusperfusion/-oxygenation sowie verschiedene Hormonsysteme betreffen können. Zusammenfassend erscheint derzeit die routinemäßige Anwendung niedriger Dopamindosen bei Patienten mit erhöhtem Risiko für ein akutes Nierenversagen nicht gerechtfertigt. Unklar ist noch, ob bei diuretikaresistenter Oligurie eine dopamininduzierte Zunahme des Urinflusses einen Nutzen für den Patienten erbringt. Mehr denn je ist eine ausreichend dimensionierte und kontrollierte klinische Studie erforderlich, um die Frage beantworten zu können, ob Dopamin in niedriger Dosierung bei Risikopatienten ein akutes Nierenversagen verhindern kann oder bei bereits eingetretener Verschlechterung der Nierenfunktion therapeutisch wirksam ist.

Summary

The ability of low dose dopamine (1 - 3 μg × kg-1 × min-1) to cause selective renal vasodilation, to increase glomerular filtration rate, urine output, and natriuresis, is intuitively considered favourable. Dopamine, therefore, continues to be used in critically ill patients to preserve or improve renal function. Despite its application in a wide variety of disease states and in patients at risk of acute renal failure or with already decreased renal function, there is no conclusive evidence that „renal doses” of dopamine prevented acute renal failure or had any positive effect on patient outcome although it increased urine output and natriuresis consistently. Data from many clinical studies, however, are difficult to interpret due to small numbers of patients, the absence of control groups, the inability to exclude changes in cardiac output or to separate a diuretic effect of dopamine in the tubulus system from specific increases of glomerular filtration rate, and because of the variability of methods to determine renal performance (i.e. creatinine clearance, urine output, natriuresis, fractional excretion of sodium). Moreover, the routine use of dopamine is not innovous, since it may worsen gut ischaemia and suppress certain hormonal systems. Those who believe in the clinical benefits of „renal dose” dopamine argue that, even in the absence of an improvement in renal function, the maintenance of urine output could be useful in patients unresponsive to diuretics. Again, the clinical benefit of this diuretic action still needs to be shown. In conclusion, there is little justification for the routine administration of low-dose dopamine in patients at risk of renal failure. Large controlled clinical studies are urgently needed to determine whether dopamine improves renal function or prevents acute renal failure in patients at risk.

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