Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 1993; 28(6): 363-368
DOI: 10.1055/s-2007-998941
Originalien

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Erstversorgung und Prognose nach Ertrinkungsunfällen - Ergebnisse einer retrospektiven Untersuchung an 115 Fällen

First-Aid Care and Prognosis after Submersion Accidents - Results of a Retrospective Study of 115 CasesR. Fretschner1 , Th. Klöss2 , C. Borowczak1 , H. Berkel3
  • 1Klinik für Anästhesiologie und Transfusionsmedizin der Universität Tübingen
  • 2Abteilung für Anästhesie des Allgemeinen Krankenhauses Harburg
  • 3Abteilung X (Anästhesiologie und Intensivmedizin) des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg
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Publication Date:
22 January 2008 (online)

Zusammenfassung

Ziel der Studie und Methodik: Retrospektiv wurden 115 Ertrinkungsunfälle untersucht und Notarztbefund, Befund bei Klinikaufnahme und Behandlungsverlauf ausgewertet.

Ergebnisse: Ertrinkungsunfälle ereigneten sich bevorzugt in den Monaten Februar, März und von Mai bis August, Überwiegend in öffentlichen Gewässern oder Badeeinrichtungen (85,2 %). Kinder unter 10 Jahren waren mit Abstand die häufigsten Unfallopfer (34,8 %). 57 Patienten wurden mit intaktem Kreislauf gerettet, 58 Patienten mußten wiederbelebt werden. Ertrinkungsopfer mit intaktem Kreislauf sind vor allem durch die primäre pulmonale Schädigung bedroht. Sie haben eine exzellente Prognose, sofern eine respiratorische Insuffizienz frühzeitig erkannt und aggressiv behandelt wird. In dieser Gruppe verstarb nur ein Patient. 55 Patienten waren nach ihrem Unfall völlig wiederhergestellt; ein Patient litt an den Folgen einer Schädigung des N. medianus. Reanimationen nach Ertrinken gelingen, abhängig von Alter und Untertauchzeit, bei etwa 50 % der Verunfallten. Die neurologische Prognose wiederbelebter Ertrinkungsopfer ist jedoch insgesamt schlecht. Sie wird wesentlich durch das Ausmaß hypoxischer Organschäden bestimmt. Eine zufriedenstellende Heilung ohne, oder mit nur leichten neurologischen Schäden gelingt nur bei jedem vierten erfolgreich Reanimierten. Adäquate Erste Hilfe durch Laienhelfer wäre daher besonders wertvoll; diese wurde jedoch nur bei 40 % der Ertrunkenen geleistet.

Schlußfolgerung: Eine Hypothermie kann im Einzelfall die Prognose eines Ertrunkenen erheblich verbessern, so daß der individuelle Verlauf an keinem Parameter mit ausreichender Sicherheit abgeschätzt werden kann.

Summary

Objective and study design: In 115 cases of submersion the initial findings of the rescue team, the patients status in the emergency room and the course of clinical treatment were analyzed retrospectively.

Results: Submersion accidents happened preferably in February, March and in the summertime from May to August. Most of the accidents took place in public waters or public baths (85.2 %). Children below 10 years of age were involved in 34.8 % of the submersion accidents. 57 patients were near drowned and 58 patients were drowned. The prognosis of patients with detectable heartbeat at the site of the accident depends on the primary pulmonary lesion. If respiratory insufficiency is recognized early and treated aggressively by intubation and mechanical ventilation with PEEP, these patients have an excellent prognosis. Only one patient with detectable heartbeat died, typically, after delayed treatment of respiratory failure. 55 patients recovered completely; one patient was suffering from a lesion of the n. medianus. Contrariwise, the prognosis of patients without detectable heartbeat is mainly determined by the consequences of hypoxaemia and is, overall, poor. Though resuscitation succeeds in 50 % of submersion victims, only one out of four successfully resuscitated patients survived with little or no neurologic damage. Severe hypothermia may improve the prognosis of submersion victims.

Conclusion: Thus, there are no useful parameters that would accurately predict the individual course of a submersion victim.

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