B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2008; 24(1): 24-25
DOI: 10.1055/s-2008-1004637
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Taillenumfang aussagekräftiger als Body-Mass-Index

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Publication Date:
18 February 2008 (online)

Die negative Assoziation zwischen Übergewicht und Lungenfunktion ist bei verschiedenen respiratorischen Krankheiten nachgewiesen. Bislang waren Körpergewicht und Body-Mass-Index (BMI) dafür die entscheidenden Kriterien. Die Relevanz des Taillenumfangs im Vergleich mit dem BMI wurde nun untersucht (Y. Chen et al., Am J Clin Nutr 2007; 85: 35-39).

Hauptnachteile des BMI sind, dass weder das Fettverteilungsmuster berücksichtigt noch zwischen Muskel- und Fettmasse differenziert werden kann. Der Taillenumfang und das Verhältnis von Taillen- zu Hüftumfang haben nach früheren Studien möglicherweise einen höheren prädiktiven Wert. In einer kanadischen Kleinstadt wurden jetzt 2057 Einwohner im Alter von 18-79 Jahren untersucht. Dies entsprach 71 % der Bevölkerung. Demografische Faktoren, Ausbildung, Einkommen, Alkohol- und Nikotinkonsum, sportliche Aktivitäten, Vorerkrankungen und insbesondere respiratorische Symptome erfasste ein per Post zugesandter Fragebogen. Anschließend erfolgte eine klinische Untersuchung, die eine Spirometrie, Messung von Größe, Gewicht und Taillenumfang sowie die Berechnung des BMI einschloss. In multipler multivariater Regressionsanalyse wurde die Beziehung zwischen Lungenfunktion, BMI und Taillenumfang ermittelt.

81,4 % (1674) der Teilnehmer hatten aussagekräftige Befunde und kamen in die abschließende Analyse. 738 waren Männer und 936 Frauen. Das Durchschnittsalter betrug 51 bzw. 50 Jahre. 38,3 % hatten Übergewicht (BMI zwischen 25 und 29,9), 35 % Adipositas (BMI ≥ 30). Nichtraucher machten 54,2 %, Ex-Raucher 33,8 % und Raucher 12 % aus. Der Taillenumfang war negativ mit den wesentlichen spirometrischen Parametern assoziiert. Je stärker die Taille, umso geringer waren Ein-Sekunden-Ausatmungskapazität (FEV1) und Vitalkapazität (FVC). Pro cm Taillenumfang nahm die FVC um 13 ml, die FEV1 um 11 ml ab. Das Verhältnis FEV1 : FVC wurde nicht beeinflusst. Diese Ergebnisse hatten in statistischer Analyse auch bei Berücksichtigung von Rauchgewohnheiten, Alter, Geschlecht und Größe Bestand. Sie galten insbesondere auch bei allen BMI- und Gewichtsklassen, d. h. bei normal-, übergewichtigen und fettleibigen Probanden. Dies galt für den BMI nicht. Seine Assoziation zur Lungenfunktion unterschied sich für die einzelnen Gruppen. Übergewichtige und fettleibige Teilnehmer hatten bei steigendem BMI eine schlechtere Lungenfunktion. Lag Normalgewicht vor, waren BMI und Lungenfunktion positiv assoziiert.

Die Ergebnisse bestätigen frühere Studien, die ebenfalls eine Verschlechterung von FEV1 und FVC mit zunehmendem Taillenumfang zeigten. Die Autoren wiesen hier ergänzend nach, dass dies auch bei Normalgewicht gilt. Die abdominelle Fettverteilung hatte somit einen höheren prädiktiven Wert als der BMI. Während Rauchen stärker die Ausatmungsfunktion beeinträchtigt, ist der Einfluss des Stammfetts bedeutsamer für das in der FVC-reflektierte Lungenvolumen. Mechanische Effekte mit erhöhtem intraabdominellem Druck auf das Zwerchfell werden als Hauptursachen angenommen.

Fazit

Für die Beurteilung der Lungenfunktion hat der Taillenumfang höhere Vorhersagekraft als der BMI. In allen Gewichtsklassen nimmt die Lungenfunktion mit zunehmendem Taillenumfang ab.

Dr. Susanne Krome, Melle

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