Geburtshilfe Frauenheilkd 1988; 48(4): 246-248
DOI: 10.1055/s-2008-1026496
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ältere Erstgebärende: Geburtsleitung und Weichteilrigidität

The Effect of Soft Tissue Rigidity on Conduct of Labor and Delivery in Primipara of Advanced AgeK. Radivojevic, R. Rudelstorfer
  • 2. Univ.-Frauenklinik Wien (Vorstand: Prof. Dr. H. Janisch)
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Publication Date:
18 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Die späten Erstgebärenden gelten aufgrund von Literatur- und Lehrbuchmeinung als Risikogruppe in bezug auf verlängerten Geburtsverlauf und erhöhte fetale Gefährdung; als Ursache wird immer wieder auf eine erhöhte Rigidität der Weichteile hingewiesen. In der Praxis resultiert daraus eine geänderte Geburtsleitung im Sinne vermehrter Schnittentbindungen.

Ziel unserer Untersuchung war es zu zeigen, inwieweit die vermeintliche erhöhte Rigidität tatsächlich einen Einfluß auf den Geburtsablauf hat und als Erklärung für die geänderte Geburtsleitung angenommen werden kann. Zwischen 1975 und 1986 wurden an der Klinik 6167 Erstgebärende mit vollendetem 18. Lebensjahr entbunden. Die Altersgrenze zwischen «späten Erstgebärenden» und dem Normalkollektiv wurde gemäß FIGO bei 35 Jahren angesetzt, so fielen 201 Frauen in die erste Gruppe.

Es wurde kein Unterschied in bezug auf Bishop-Score, Geburtsfortschritt, Frequenz an Dammrissen, fetalem Distress und Anästhesie in beiden Gruppen gefunden. Die Operationsfrequenz betrug bei den älteren Erstgebärenden 58%, beim Normalkollektiv 27%, die Sectiofrequenz 39% gegenüber 11,5%. In 66% wurden die vom Geburtshelfer in dieser Altersgruppe angenommenen strafferen Weichteile als eine zusätzliche Indikation zur operativen Entbindung angegeben.

Die Annahme einer erhöhten Rigidität der Weichteile als Begründung für die erhöhte Schnittentbindungsrate konnten wir jedoch in der Analyse von spezifischen Parametern an unserem Kollektiv nicht nachvollziehen. Es scheint hier vielmehr das erhöhte Sicherheitsdenken im Hinblick auf die risikoärmste Geburt am Ende der reproduktiven Phase im Vordergrund zu stehen.

Abstract

Textbooks and literature reports frequently view the Primipara of advanced age as a group being at increased risk of prolonged labor, dystocia, injuries to the birth canal and fetal distress. Particulary, a rigid cervix and reduced elasticity of the soft tissues of the birth canal are claimed responsible for these risks. Clinically, this view causes a higher frequency of operative deliveries in this group of primipara.

The aim of the study was to evaluate the influence of a rigid cervix and/or reduced elasticity of the soft tissues in the birth canal on the course of labor.

According to the definition of the FIGO we identified 201 primipara of advanced age as being more than 35 years old in our database. 5966 primipara (age 18-34) served as control. No significant difference was found in regard to Bishop score, progress of labor, vaginal and perineal lacerations. fetal distress and anaesthesia. However, the overall frequency of operative deliveries was increased from 27% lo 58% in the primiparas of advanced age. In particular, the incidence of ceasarean section increased from 11,5% to 39%. In 66% rigid tissues were called as one of the reasons for operative delivery in this group of aged primipara.

However, our analysis of clinical variables does not support the notion that these women in general have an increased frequency of dystocia and/or a more rigid cervix and decreased elasticity of the birth canal. We feel that in a considerable number of patients, the concern of the obstetricians and the women in a safer and less painful delivery by caesarean section are reasons for these increased operative procedures at the end of the reproductive period.

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