ergoscience 3(4): 172
DOI: 10.1055/s-2008-1027871
Veranstaltungsbericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Interkultureller Dialog beim 14. ENOTHE-Treffen am 25.–27. September in Berlin

H. Becker1
  • 1Georg Thieme Verlag, Stuttgart
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Publication Date:
23 October 2008 (online)

Fast 500 Ergotherapeuten aus über 20 Ländern diskutierten beim Treffen des European Network of Occupational Therapy in Higher Education (ENOTHE) über Entwicklungen in der europäischen Ergotherapie.

Der erste Tag war der Forschung gewidmet, insbesondere dem Verhältnis zwischen Occupational Science und Occupational Therapy. Wissenschaftler der Occupational Science aus 18 Ländern, die sich in der International Society for Occupational Science (ISOS) zusammengeschlossen haben, berichteten über die Chancen, die sie für ihre Disziplin sehen: als Grundlagenwissenschaft, angewandte Wissenschaft und „translationale” Wissenschaft, die beide miteinander verbindet (http://isos.nfshost.com).

Als Zusammenschluss europäischer Forscher in der Ergotherapie präsentierte sich ECOTROS, ein Netzwerk, das aus einem ENOTHE-Projekt hervorgegangen ist. Es ermöglicht den Austausch über geplante und laufende Forschungsprojekte, die Suche von Kooperationspartnern und die Entwicklung universitäts- bzw. länderübergreifender Projekte. Unter www.uniklinik-freiburg.de/ecotros findet man eine Datenbank, Informationspakete, eine E-Mail-Liste und Intensivprogramme, z. B. die Entwicklung nutzerfreundlicher Studienzusammenfassungen.

Das europäische Motto des Jahres „Interkultureller Dialog” war der Leitfaden für die folgenden beiden Tage. Am Vormittag gaben Vorträge Impulse, die an den Nachmittagen in Workshops vertieft werden konnten.

Alle ENOTHE-Projekte konnten beeindruckende Ergebnisse aufweisen. Die Tuning-Gruppe leistete mit der Erfassung und Beschreibung von Kompetenzen einen wichtigen Beitrag z. B. zur Curriculumentwicklung, Qualitätsentwicklung in der Praxis, Erstellung von Jobprofilen. Die E-learning-Gruppe erarbeitete eine Website, auf der man viel Praktisches für den Unterricht findet, z. B. Fallstudien, Videovorträge, Lerneinheiten. Jeder kann dort Anregungen und Lerneinheiten in eine Datenbank einstellen, die kommentiert und bewertet werden können. Die Gruppe Occupation in older age ist damit beschäftigt, das Programm Lifestyle Redesign so zu gestalten, dass es sich auf 6 europäische Länder übertragen lässt.

Ein Modul für den Unterricht zur Analyse von Tätigkeiten entwickelte eine andere Gruppe. Es wurde nicht nur nach neuen Unterrichtsmethoden gesucht, sondern in Gestalt des Occupational Mapping Handlung aus einem erweiterten Blickwinkel betrachtet. Aus der Terminologie-Gruppe heraus entstand ein Europäischer Konzeptrahmen für die Ergotherapie, der künftig helfen wird, sich über die Kern-Konzepte in der Ergotherapie zu verständigen, implizites Wissen bewusst zu machen, das Clinical Resoning zu unterstützen und die komplexe Natur der Handlung besser zu verstehen. Der Konzeptrahmen wird im kommenden Jahr in 8 Sprachen veröffentlicht.

Ein weiteres Highlight war der Vortrag von Prof. Dr. Helene Polatajko von der Universität in Toronto, Kanada. Sie stellte die neueste Entwicklung des kanadischen Modells vor, das besonders um den Aspekt des Engagements in Handlungen bereichert wurde. Damit erweitert sich die Perspektive von der Ausführung einer Handlung zum Engagiertsein und Teilhaben, von der individuellen zur sozialen Veränderung. Helene Polatajko erkannte die Leistungen der Ergotherapie in der Vergangenheit an, positionierte die Ergotherapie der Gegenwart und gab uns eine Vision für die Zukunft. Damit verbunden ist eine wichtige Aufgabe: die Entwicklung grundlegender Theorien, die die Therapie fundieren.

Beeindruckend war es, zu sehen, in wie vielen neuen Ländern der Europäischen Union ENOTHE den Aufbau von Studiengängen tatkräftig unterstützt. Es bleibt als prägender Eindruck der Veranstaltung das große persönliche Engagement aller Beteiligten, allen voran das der Mitarbeiter und Studierenden an der ASFH sowie der Kooperationsschulen, das sich durchgängig in Organisation und Ausrichtung der Veranstaltung zeigte.

Heidrun Becker

Heidrun.Becker@thieme.de

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