Dtsch Med Wochenschr 1995; 120(37): 1236-1240
DOI: 10.1055/s-2008-1055470
Kasuistiken

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Rezidivierende Immunthrombozytopenie: Seltene Komplikation nach Kontrastmittelexposition

Recurrent immune thrombocytopenia, a rare complication after contrast medium injectionM. Wiemer, G. Kreuzpaintner, B. Lauer, V. Kiefel, H. P. Schultheiss, D. Horstkotte, B. E. Strauer
  • Medizinische Kliniken B und D der Universität Düsseldorf sowie Institut für Klinische Immunologie und Transfusionsmedizin der Universität Gießen
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Publication Date:
25 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Anamnese und Befunde: Bei einer 66jährigen Patientin mit instabiler Angina pectoris, die über 6 Tage mit 20 000 I.E. Heparin pro Tag behandelt worden war, wurde 8 Stunden nach Applikation von 90 ml Kontrastmittel (Iopromid) im Rahmen einer Koronarangiographie ein Abfall der Thrombozytenzahl von 310 000 auf 1000/µl festgestellt. (Während der Heparintherapie hatte sich die Thrombozytenzahl nicht geändert). Gleichzeitig entwickelte sich ein akutes Nierenversagen. Bei ausgeprägter Spontanblutungsneigung trat im Bereich der arteriellen Punktionsstelle ein erhebliches Hämatom auf mit einem Hämoglobinabfall auf 9 g/dl.

Therapie und Verlauf: Es erfolgte eine Substitution mit Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentraten und eine Behandlung mit 1000 mg Cortison sowie Immunglobulinen. Nach 8 Tagen war die Thrombozytenzahl wieder normal. Zur Behandlung des akuten Nierenversagens mußte zweimal hämodialysiert werden. Nach kurzer Polyurie normalisierte sich die Nierenfunktion rasch wieder. Antikörper gegen Iopromid und Iopamidol waren nicht nachweisbar. Auch gegen Heparin oder gegen andere Heparinoide konnten keine Antikörper nachgewiesen werden. Drei Wochen später mußte notfallmäßig eine koronare Dilatation durchgeführt werden, bei der nunmehr Iopamidol (45 ml) als Kontrastmittel verwendet wurde. Erneut kam es zu einem Thrombozytenabfall auf 1000/µl sowie zu einem akuten Nierenversagen, die bei identischem therapeutischem Vorgehen wie beim ersten Mal vollständig reversibel waren.

Fazit: Bei den beobachteten Reaktionen handelt es sich am ehesten um medikamentenabhängige Immunthrombozytopenien nach Kontrastmittelgabe.

Abstract

History and clinical findings: In a 66-year-old woman with unstable angina, treated with 20 000 IU heparin daily for 6 days, platelet count fell dramatically from 310 000 to 1000/µl 8 hours after injection of 90 ml of contrast medium (Iopromide) during coronary angiography. In addition to a marked tendency towards spontaneous bleeding she developed a large haematoma at the site of the arterial puncture, with a fall in haemoglobin to 9 g/dl, and acute renal failure.

Treatment and course: Red blood cell and platelet infusions were given, together with cortisone, 1000 mg, and immunoglobulins. Platelet count returned to within normal limits after 8 days. Two haemodialyses initiated polyuria, followed by rapid normalization of kidney function. No antibodies against iopromide, iopamidole, heparin or heparinoids were found. At an emergency coronary balloon angioplasty 3 weeks later iopamidole was injected (45 ml). Again there was a profound fall in platelets to 1000/µl, associated with acute renal failure. Treatment identical to that after the first episode brought about complete normalization.

Conclusion: The reported reactions were most likely due to immune thrombocytopenia after administration of contrast medium.

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