Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 1998; 08(4): 128-134
DOI: 10.1055/s-2008-1061837
Aus der Praxis

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Stimmheilintensivtherapie - Aspekte der Physikalischen Medizin*

Intensified voice therapy - aspects of physical medicineChr. Gutenbrunner1 , M. Ptok3 , A. Gehrke2
  • 1Institut für Balneologie und Medizinische Klimatologie (Leiter: Prof. Dr. med. Chr. Gutenbrunner)
  • 2Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation (Direktor: Prof. Dr. med. A. Gehrke)
  • 3Klinik und Poliklinik für Phoniatrie und Pädaudiologie (Direktor: Prof. Dr. med. M. Ptok), Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
* Nach einem Vortrag beim 3. Klinischen Vormittag „Die erkrankte Stimme” der Klinik und Poliklinik für Phoniatrie und Pädaudiologie der Medizinischen Hochschule Hannover am 18.1.1997.
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Publication History

Publication Date:
19 March 2008 (online)

Summary

Chronic dysphonias are - like other functional disorders - in most cases not too serious diseases, but they may result from very serious diseases. Often they are followed by severe disability and impairment, mainly in speech professionals. Because of their complex etiology and mostly chronic courses, chronic dysphonias are difficult to treat under the conditions of phoniatric practice and outpatient departments. Therefore, in the Medical School of Hannover, a special concept of intensified voice therapy has been developed. This concept includes voice therapy combined with physical medicine and consists in a two weeks' treatment period. During the treatment period, the patients live in hotels. Costs are mostly paid by the health insurances.

The main elements of physical medicine within intensive voice therapy are physiotherapy (orthotherapy, detonization, and training of the trunk muscles, respiratory therapy and others), chirotherapy (mobilization of the cervical spine), inhalations, vibration massages, thermotherapy, classical massages, and active relaxation (e.g. autogenic training, progressive muscle relaxation). Additionally the autonomous regulation is influenced by hydrotherapy according to Kneipp. Clinical experience shows that the combination of intensive (daily) logopaedia with physical therapy leads to good success in patients suffering from functional or organic dysphonia. As further perspectives, an extension of the concept with training groups and the cooperation of psychologists and social workers should be discussed.

Zusammenfassung:

Chronische Stimmstörungen sind wie andere chronische Funktionsstörungen meist keine sehr schweren Erkrankungen, obwohl sie aufgrund schwerer Erkrankungen (z.B. Kehlkopfkrebs) entstehen können. Sie erzeugen jedoch in der Regel einen hohen Leidensdruck und können unter Umständen eine erhebliche soziale Behinderung bedeuten, insbesondere bei Patienten mit Sprechberufen. Wegen der komplexen Entstehungsmechanismen und des häufig chronischen Verlaufs sind sie unter den Bedingungen der ambulanten ärztlichen und therapeutischen Versorgung schwer zu behandeln. So wurde an der Medizinischen Hochschule Hannover ein spezielles Konzept der Stimmheilintensivtherapie entwickelt, bei dem eine intensive Stimmübungsbehandlung in Kombination mit den Möglichkeiten der Physikalischen Medizin unter quasi stationären Bedingungen durchgeführt wird. Bei dieser sogenannten Stimmheilintensivtherapie handelt es sich um eine 14tägige Behandlungsphase, in der eine intensive logopädische und physikalische Therapie durchgeführt wird. Während der Behandlungsphase sind die Patienten in Hotels untergebracht. Kostenträger sind in der Regel die Krankenversicherungen.

Die Physikalische Therapie im Rahmen der Stimmheilintensivtherapie besteht in einer am Befund orientierten Komplexbehandlung, bestehend aus Krankengymnastik (Haltungsschule, Detonisierung und Kräftigung der Rumpfmuskulatur, Atmungstherapie u.a.), Manueller Therapie (Mobilisierung von Blockierungen der Halswirbelsäule), Inhalationen, Vibrationsmassagen, Wärmebehandlung und klassischen Massagen sowie aktive Entspannungstechniken (autogenes Training, progressive Muskelrelaxation). Darüber hinaus werden Therapiemaßnahmen, die in die vegetative Regulation eingreifen und funktionelle Adaptationen mit Funktionsnormalisierungen bewirken können (z.B. für die Kneippsche Hydrotherapie), durchgeführt. Erste Erfahrungen zeigen, dass durch die Kombination einer intensiven Stimmübungsbehandlung (in der Regel durch eine Logopädin als Einzeltherapie, täglich 2-3 Stunden) zusammen mit den Maßnahmen der Physikalischen Therapie gute Erfolge bei funktionellen und organischen Stimmstörungen erzielt werden können. Perspektivistisch sollte über eine Erweiterung des Angebotes mit Schaffung von Übungsgruppen und über den Miteinbezug von Psychologen und Sozialarbeitern nachgedacht werden.

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