Rofo 2020; 192(S 01): S62-S63
DOI: 10.1055/s-0040-1703294
Vortrag (Wissenschaft)
Neuroradiologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Midsagittale Mittelhirnfläche in der T1-gewichteten cMRT zur Differenzierung zwischen TDP-43-Proteinopathien (ALS) und Tauopathien (PSP)

D Cantré
1   Universitätsmedizin Rostock, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Kinder- und Neuroradiologie, Rostock
,
C Koch
2   Universitätsmedizin Rostock, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Rostock
,
M Dyrba
3   Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) Rostock/Greifswald
,
J Prudlo
4   Universitätsmedizin Rostock/Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Klinik und Poliklinik für Neurologie, Rostock
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Publication History

Publication Date:
21 April 2020 (online)

 

Zielsetzung Die ALS ist eine TDP-43-Proteinopathie, die PSP eine Tauopathie. Beide können mit einer frontotemporalen Demenz assoziiert sein. Bei Überlappungssyndromen mit prominentem oberem Motoneuronsyndrom kann die Vorhersage der zugrundeliegenden Histopathologie nach klinischen Kriterien schwierig bis unmöglich sein [1–2], ist jedoch die Voraussetzung für eine gezielte Therapie. Ziel dieser Untersuchung ist es zu prüfen, ob MRT-Kriterien in Form der midsagittalen Mittelhirnfläche (MHF) und der Mittelhirn/Pons-Ratio (MH/Pons-Ratio) geeignet sind, zwischen den histopathologischen Entitäten zu unterscheiden.

Material und Methoden T1-gewichtete MPRAGE-Sequenzen mit 1 mm isotropen Voxeln (3 Tesla) von insgesamt 179 nach Alter und Geschlecht gematchten Probanden wurden ausgewertet (ALS n=71; PSP n=36; gesunde Kontrollen (HC) n=72). MHF und midsagittale Pons-Fläche wurden von zwei verblindeten Auswertern planimetrisch bestimmt und die MH/Pons-Ratio berechnet [3].

Ergebnisse Der Pearson-Korrelationskoeffizient betrug r=0,98 für die MHF und r=0,96 für die MH/Pons-Ratio. Die mittlere MHF betrug bei den ALS-Patienten 136±21,4 mm2, bei den HC 139±20,2 mm2 und bei den PSP-Patienten 94.3±19,2 mm2 (ALS vs. HC p=0,77; ALS vs. PSP p<0,001). Die MH/Pons-Ratio betrug bei den ALS-Patienten 0,246±0,039, bei den HC 0,250±0,036 und bei den PSP-Patienten 0,185±0,034 (ALS vs. HC p=0,67; ALS vs. PSP P<0,001). Die Flächen unter den ROC-Kurven von ALS gegen PSP betrugen 0,935 für die MHF und 0,899 für die MH/Pons-Ratio.

Schlußfolgerungen Die manuellen planimetrischen Messungen erreichen eine hohe Interrater-Reliabilität. Bei ALS-Patienten tritt keine messbare Mittelhirnatrophie auf. MHF und MH/Pons-Ratio sind bei ALS signifikant höher als bei PSP. Die Messung der MHF ist daher ein geeigneter Surrogatmarker, um TPD-43-Proteinopathien (ALS) von Tauopathien (PSP) zu unterscheiden. Als Einzel-Parameter ist sie in der klinischen Routine einfach zu bestimmen. Die MH/Pons-Ratio ist ebenfalls geeignet, aber aufwendiger zu bestimmen.